: Heiliger Handy-Nazi
Krakeeler mit verblüffender Begründung
Auch 79 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus hallt durch Deutschland immer noch und immer wieder die verbotene Naziparole „Sieg Heil!“. Aus schlechter Überzeugung, plumper Lust an der Provokation oder schlichter Dummheit. Die verblüffendste jemals gehörte Begründung eines „Sieg Heil!“-Krakeelers hatte allerdings am Montagmorgen ein 39-jähriger Mann, der im Bahnhof Harburg nahe Hamburg lautstark die wörtliche Form des Hitlergrußes von sich gab. Wie die Krawallagentur epd gestern meldete, erklärte der Radaubruder den herbeigerufenen Ordnungshütern, er habe die Parole „aus Frust über den niedrigen Akkustand seines Handys gerufen“. Das ist nur logisch. Wer kennt das nicht? Und wer ruft nicht auch jedes Mal das allseits bekannte Schimpfwort, wenn der Akku leer ist? Denn schon im Tausendjährigen Reich war es eine übliche Vorgehensweise, dass die Besitzer von Handys „Sieg Heil!“ riefen, wenn die im Volksmund „Adolfschnauze“ genannten Mobilfunkgeräte wieder einmal nicht ordnungsgemäß funktionierten. Der Ausruf „Sieg Heil!“ war quasi ein Akt des Widerstands gegen die Nazis und ihren unfähigen Blut-und-Boden-Mobilfunk, der den rechten Empfang nicht an jeder Milchkanne ermöglichte. Heil dir, mein Handy-Irrsinn.
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