: Rot-Rot wegen Europa vor Koalitionsbruch
Ringstorff will PDS ignorieren und im Bundesrat für Mecklenburg-Vorpommern Ja zur EU-Verfassung sagen
BERLIN taz ■ Das rot-rote Bündnis in Mecklenburg-Vorpommern steht vor einer Koalitionskrise. SPD und PDS konnten sich bis gestern Abend nicht einigen, wie sich das Land bei der heute anstehenden Abstimmung über die EU-Verfassung im Bundesrat verhält. Die PDS besteht darauf, dass sich das Land enthält. SPD-Ministerpräsident Harald Ringstorff hingegen will unbedingt zustimmen – verweigerte gestern aber jede öffentliche Äußerung zu seinem Abstimmungsverhalten.
Die Stimmung in der Koalition ist zusätzlich vergiftet, weil das Land gar keinen Einfluss auf die Mehrheiten im Bundesrat hat. Eine kontroverse Debatte wird es dort heute nicht geben, als Hauptredner ist der Vorsitzende des Verfassungskonvents, Frankreichs Expräsident Valery Giscard d’Estaing eingeplant. Die ganze Veranstaltung ist für die Werbung unentschlossener französischer Wähler geplant. Sie sollen sehen: Deutschland steht parteiübergreifend hinter der EU-Verfassung.
Diese Botschaft will sich Bundeskanzler Gerhard Schröder nicht verderben lassen: Auch nicht durch die PDS – die sich per Parteitagsbeschluss auf ein Nein zur EU-Verfassung festgelegt hat. Eigentlich müssten sich die rot-roten Koalitionen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern enthalten, so sehen es beide Koalitionsverträge bei Unstimmigkeit in Bundesratsfragen vor.
Doch das will die SPD in der Verfassungsfrage nicht dulden. Dabei scheint das Kalkül, Frankreich brauche ein einhelliges Signal aus Deutschland, einigermaßen absurd. Das Abstimmungsverhalten von „Mecklembourg-Poméranie antérieure“ dürfte den Franzosen herzlich egal sein. Noch absurder wird Schröders Druck durch seine vorgezogene Neuwahl: Damit ist er es, der den Ratifizierungsprozess durcheinander wirbelt.
Auch die Haltung der PDS war selten widersprüchlicher. Die PDS-Regierungsmitglieder in Berlin etwa sind persönlich für die EU-Verfassung, stimmten im Senat aber auf Parteibefehl dagegen, bestehen jedoch heute im Bundesrat nicht auf Enthaltung ihres Landes.
In Schwerin ist es noch komplizierter: Hier sind PDS-Basis und Regierungsmitglieder – anders als in Berlin – überwiegend gegen die Verfassung. Ein Ja Ringstorffs im Bundesrat dürfte also nicht ohne Folgen bleiben. „Das wäre ein schwere Krise“, erklärte PDS-Arbeitsminister Helmut Holter. Ein Parteitag im Juni müsse dann entscheiden, ob die rot-rote Koalition fortgesetzt werden solle. ROBIN ALEXANDER