: Gefährlich klebrige Flaschengeister
Besuche bei Rumsfeld, Bush und anderen: Bobby Conn und die Glass Gipsies im Knust
Nein! Der amerikanische Artist Bobby Conn verdient es nicht, als milde belächelter Freak bezeichnet zu werden. Auch wenn sich der kleine Mann zuvor in die Rollen des Antichrists sowie des sektiererischen Mahners verstieg, die Sehnsüchte der Musikhörer nach Wohl, Heil und Rettung ad absurdum führte und als theatralisches Chamäleon David Bowie Konkurrenz macht.
Im Jahr 2004 gab es eine größtmögliche Kongruenz zwischen der Außenpolitik der USA und Bobby Conns kritischer wie animalischer Systemanalyse-als-Glam-Rock‘n‘Roll-Überzeichnungs-Show. Hier wurde aus der Überführung eines politischen Zustands in eine musikalische Butterdose namens Trash mehr als ein Behälter für einen bekömmlichen Brotaufstrich. Sie wurde zur Unterdruck-Kammer, in der Zitate des Rocks verknappt und auf engstem Raum zusammen zitiert, die – bei Abnahme des Deckels – die Geister Ronald Rumsfelds und George W. Bushs freisetzte.
Bobby Conn führte damit den Rock wieder seiner Bestimmung zu: Gesellschaftskritik mit den härtesten Mitteln der Gesellschaft zu üben. Dass Conn mit dem Album The Homeland nicht zum Alexander Solschenizyn des Rock wurde, liegt daran, dass sein Sound das Gegenteil von Authentizität und Wahrheit sein will, und jedes Bemühen danach zu ringen, ins Groteske übersteigert.
Aber nach „Rumsfeld revisited“: Was soll da noch kommen? Bobby geht zurück ins Zitatenreich der 70er und veröffentlicht ein Live-Album, Live Classics Vol.1 betitelt, als plane man da eine Reihe. Diese Unsitte der 70er Jahre findet bei Conn ihre logische Wiedereinführung. Seit er mit dem Schweinerock angebändelt hat, gibt es folgerichtig auch wieder „Gitarrensoli“, die rein gar nichts mit Solidarität zu tun haben.
Ansonsten werden auf dem Album Titel zelebriert, die einen Überblick über Conns Schaffen vermitteln. Country, White Soul, Easy Listening, Hardrock, Jesus-Musical bis zu den Auswüchsen von Glam mit Violinenbegleitung – Conn strickt alles zusammen. Die Frage ist: Laufen Bobby Conn und die Glass Gypsies immer noch in diesen Jeansanzügen mit weißem Puschelbesatz herum? Carsten Klook
Do, 2.6., 21 Uhr, Knust