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Archiv-Artikel

Dessauer Polizisten angeklagt

In ihrem Revier verbrannte im Januar ein Asylbewerber. Die Staatsanwaltschaft gibt zwei Dessauer Polizisten die Schuld an seinem Tod. Sie sollen den Feueralarm ignoriert haben

Von KBI

BERLIN taz ■ Vor viereinhalb Monaten verbrannte der Asylbewerber Oury Jalloh in der Zelle eines Dessauer Polizeireviers. Wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung mit Todesfolge hat die Staatsanwaltschaft Dessau nun vor dem Landgericht Anklage gegen zwei der drei beteiligten Polizisten erhoben.

Wie genau der Flüchtling aus dem westafrikanischen Sierra Leone starb, ist nicht endgültig geklärt, doch steht für die Ermittler fest, dass er noch leben könnte – hätten die Beamten schneller reagiert und ihren Dienst gründlicher versehen.

Der 21-jährige Jalloh war am 7. Januar in Dessau festgenommen worden. Mehrere Frauen hatten angegeben, er sei stark betrunken gewesen und habe sie belästigt. Bei der Festnahme soll er sich gewehrt haben. Deswegen und wegen seines auch im Gewahrsam „unruhigen Verhaltens“ betrachtete die Polizei den Mann als gewaltbereit und fesselte ihn in der Zelle auf dem Revier an eine Pritsche.

Obwohl er an Händen und Füßen gebunden war, gelang es ihm, ein Feuerzeug aus seiner Hose zu fingern. Dieses Feuerzeug war offensichtlich bei der Durchsuchung übersehen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beamten, der für die Kontrolle verantwortlich war, nun fahrlässige Tötung vor. Denn Jalloh steckte mit dem Feuerzeug seine Kleidung in Brand, woraufhin auch die Matratze seiner Liege Feuer fing. Auch das hätte nicht passieren dürfen, die Matratzen müssten eigentlich schwer entflammbar sein.

Warum Jalloh sich anzündete, ist den Ermittlern unklar. Möglicherweise wollte er sich mit dem Feuer seiner Fesseln entledigen. Die Staatsanwaltschaft geht aber davon aus, dass er das Feuer selbst entzündete. Dies sei nach den bisherigen Ermittlungen anzunehmen, erklärte die Behörde.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätten die Dienst habenden Beamten den Flüchtling retten können – wären sie dem von Rauchmeldern ausgelösten Alarm „schnellstmöglich“ nachgegangen. Eben das taten sie aber laut Anklage nicht. Diese wirft dem damaligen Dienstgruppenleiter vor, die Rauchmelder abgestellt zu haben, weil es in der Vergangenheit mehrfach Fehlalarm gegeben hatte. Jedoch sei dieser Defekt längst behoben gewesen, das hätte laut Staatsanwaltschaft auch der Dienstgruppenleiter wissen müssen.

Stattdessen vergingen mehr als fünf Minuten. Erst als die Beamten Schreie aus der Zelle hörten, sahen sie nach. Zu spät – sie kamen aufgrund des Rauchs nicht mehr in die Zelle. In der Erklärung der Staatsanwaltschaft heißt es, Oury Jalloh sei „aufgrund Hitzeschocks nach Ausbruch eines Feuers in der Zelle“ gestorben.

Das Verfahren gegen einen dritten Polizisten wurde eingestellt. Er sei nicht für die Durchsuchung Jallohs zuständig gewesen und habe sich auch „kein sonstiges Fehlverhalten“ zuschulden kommen lassen, so die Staatsanwaltschaft.

Ob es tatsächlich zu einer Verhandlung gegen die beiden angeklagten Polizisten kommt, steht noch nicht fest. Die zuständige Schwurgerichtskammer des Landgerichts Dessau muss nun Anfang der Woche entscheiden, ob es die Anklage zulässt. KBI