berliner szenen: Alle sehen so schön aus heute
Heute sehen alle so schön aus“, bemerkt T. über die Menschen, die an diesem späten Nachmittag in der Oranienstraße an uns vorbeigehen. „Und so selbstbewusst!“, fügt sie hinzu. Einige bewegen sich ein bisschen wie Pfauen, die ihre Federn ausbreiten würden.
Wir sitzen auf der Fensterbank eines Fahrradgeschäfts und beobachten die Passanten, während wir auf zwei Freundinnen warten. Viele tragen Sommerkleidung, hell oder bunt, riechen frisch geduscht und scheinen gute Laune zu haben. Die Sonne geht langsam unter, und in Kreuzberg ist viel los.
Für das Konzert der argentinischen Band Chocolate Remix ist es noch zu früh. Obwohl der Einlass um 19 Uhr angekündigt ist, ist vor dem SO36 noch niemand. Wir sind nicht die Einzigen, die herumsitzen und etwas essen oder an einem Späti Bier trinken – alle Spätis entlang der Straße sind voll.
„Fühlst du dich nicht manchmal so, als könntest du die Welt verschlingen?“, frage ich T. „Nee, so gut wie nie“, antwortet sie und fragt mich, wie es bei mir aussieht. „Manchmal schon“, gestehe ich.
Doch dann wandert das Gespräch zu ganz anderen Themen, wie unseren Zahnärztinnen, Kunstausstellungen und Gewürzen. Wir beklagen uns auch über den Humana Second-Hand-Laden, der die schöne Buchhandlung Kisch & Co schließlich ersetzt hat, nur wenige Meter von uns entfernt.
Dann kommen A. und D. an, und zufällig treffen wir auch S. Wir stellen uns in die Schlange, die sich inzwischen vor dem Konzertsaal gebildet hat und bis zur Kneipe Roses reicht. Während wir uns langsam der Tür nähern, werfen T. und ich die Frage nach dem Selbstbewusstsein in die Runde. Doch wir erhalten keine klare Antwort: Alle sind schon im Modus, Reggaeton zu tanzen und zu feministischen Parolen zu schwitzen. Luciana Ferrando
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