piwik no script img

wortwechselDie Lösung? Wir schieben jetzt den Rechtsstaat ab …

Dilemma: Sollen verurteilte Straftäter in ihre Heimatländer abgeschoben werden, auch wenn in diesen Ländern Diktaturen herrschen und die Menschenrechte außer Kraft gesetzt sind?

„Abschiebungen nach Afghanistan: Fahrlässige Symbolpolitik. Geht es nach der Union, sollen Straftäter nach Afghanistan abgeschoben werden. Statt der Straftäter werden so Kriegsverbrecher resozialisiert“, taz vom 21. 6. 24

Graubereich des Rechts?

Nancy Faesers Drittstaatenlösung stellt eine Scheindebatte dar. Durch das Einschalten einer dritten Partei werden Verhandlungen schwieriger, langwieriger und man kann die ganze Zeit sagen, dass man mit Hochdruck an dieser Sache arbeitet, obwohl natürlich nichts passiert. Gerald Müller

Eine Drittstaatenlösung macht Deutschland von diesen Staaten abhängig. Drittstaaten sind weder blöd noch existieren sie der deutschen Wohlfahrt wegen. Die werden kühl rechnen, was D für die Flüchtlingspolitik im Haushalt veranschlagt hatte und genau das wird es Anfangs kosten. Theoretisch. Praktisch wird es sehr bald teurer, denn schon jetzt wird klar, dass Italien für seinen Vertrag mit Albanien 1 Milliarde mehr zahlen wird. Da das Problem der Fluchtursachen nicht gelöst ist, wird der Druck durch die Zahl von Menschen auf der Flucht steigen und damit die Erpressbarkeit: Erpressbarkeit wegen des eigenen Rassismus und unterlassener sozialer Reformen.

tazmahal auf taz.de

Die Parteien in Deutschland und in Europa toppen sich gegenseitig in einem Überbietungswettkampf an Forderungen wie Abschieben, Grenzkontrollen und der faktischen Abschaffung des Asylrechts. Noch vor einigen Jahren hieß es selbst unter einem CSU-Entwicklungsminister, man müsse Fluchtursachen (Armut, Hunger, Kriege und Diktaturen) bekämpfen. Alles vergessen. Diktaturen in aller Welt sind willkommene Partner für die europäische „Werte-Abschiebeunion“. Ekelhaft! Heinz Schönberger, Kempten

Es ist völlig einsichtig, plausibel und nachvollziehbar, dass mehr als 90 Prozent der in Deutschland Lebenden (Nicht-Bio-Deutsche eingeschlossen) die Abschiebung solcher Straftäter und Mörder fordern. Und es spricht auch überhaupt nichts dagegen, dies zu tun – vorausgesetzt, die Abgeschobenen werden in Afghanistan nicht hingerichtet oder gefoltert. Das Argument, man dürfe mit den Taliban nicht verhandeln, ist vorgeschoben. Tatsächlich hat die EU und damit Deutschland ein Verbindungsbüro in Kabul. Dieses wickelt umfangreiche humanitäre Hilfe ab und muss dies natürlich direkt und indirekt mit den Taliban abstimmen. Es wird längst verhandelt. Und das ist auch notwendig. Kommt hinzu, dass Deutschland diplomatische Beziehungen zum Iran unterhält. Dort werden aber pro Kopf deutlich mehr Oppositionelle inhaftiert und hingerichtet als zurzeit in Afghanistan. Wieso kann man mit dem Iran reden, mit den Taliban aber nicht? Das heißt doch nicht, dass man deren Politik akzeptiert. Es kommt hinzu, dass Afghanistan unter den Taliban sicherer ist, als es je in den letzten 20 Jahren war. Die Gefahr, dort Opfer einer Gewalttat zu werden, ist deutlich geringer als in vielen anderen Ländern, in die Deutschland abschiebt.

Roger Peltzer, Kerpen

Tötet die EU Geflüchtete?

„Migrationspolitik in der EU: Tödliche Außengrenze. Neue Berichte machen Grenzschützer für den Tod von Migranten mitverantwortlich. Dieses Jahr sind bereits 1.018 Menschen im Mittelmeer gestorben“, taz vom 20. 6. 24

Solange täglich Flüchtende auf Fluchtwegen zu Tode kommen, ertrinken, gewaltsam in den Tod getrieben, ins Meer geworfen werden wie Vieh, solange sie an Grenzen und Mauern verrecken müssen, solange ist das Abschiebungsgerede zumindest höchst unwürdig und unmenschlich. Solange der reichste Teil der Welt sich Kriege leistet wie in Afghanistan, Irak, Syrien – und dann, nach dem Scheitern, nichts mehr von deren Befreiung wissen will, für die Folgen nicht mehr aufkommen oder menschliche Hilfe leisten will, solange ist Abschiebepolitik nicht die erste und wichtigste Frage der Flüchtlingspolitik. Roland Winkler, Aue

Was passierte mit den zwei Millionen im September/Oktober 2023 von Pakistan nach Afghanistan zurückgeschobenen Flüchtlingen? Wer nach Afghanistan abschieben möchte, sollte wenigstens ungefähr wissen, was mit diesen Menschen geschah. Es waren Familien, nach Pakistan geflohen, die dort vor dem Rückschub die selbst gebauten Lehmhütten von Baggern zusammengeschoben bekamen. Nach Wintereinbruch! Wie viele dieser Menschen fanden inzwischen den Tod? Im Winter erfroren, verhungert, eingesperrt, weil sie die zumindest in Relation größere „Freiheit“ in Pakistan suchten?

A. Weber, Landau

„Abschiebungen nach Syrien: Gefahr für die syrische Gesellschaft“,

wochentaz vom 22. 6. 24

Ich komme aus Albanien, ein Land, wo man den Gast sogar mit dem eigenen Leben schützt, weil Gastfreundschaft als etwas Heiliges gilt. Ebenso heilig ist aber, dass der Gast niemals die Gastfreundschaft mit den Füßen treten darf. Niemals! Daher frage ich, in welcher Kultur darf ein Gast den Gastgeber bestehlen, ihn verletzen oder gar töten? Und in welcher Kultur darf ein solcher Mensch weiterhin als Gast betrachtet werden? Jurik Bace

Wo ist es leichter, an Waffen zu kommen? In Deutschland oder in Syrien? Wo ist es leichter, die eigenen Gewaltfantasien gegen Unschuldige auszuleben? In Syrien oder in Deutschland? Wo wird man für Gräueltaten belohnt? In Syrien oder in Deutschland? Diese Menschenfeinde sind eine größere Gefahr für die Menschen in Syrien als für die Menschen in Deutschland. Piratenpunk auf taz.de

@Piratenpunk Sehr schön, ihr Mitgefühl und die Einladung für Straftäter und Verbrecher dieser Welt, denen ein sicherer Hafen fehlt. Sie werden aber sicher Verständnis haben, dass ich es bevorzuge, dass meine Kinder, Enkel, Freunde und andere Mitmenschen, soweit möglich, geschützt werden, auch um den Preis, dass die dann in ihre Heimatländer abgeschoben werden. Danke. 2cents more auf taz.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen