wortwechsel: Eine Regierung versucht sich zu fangen
Die Ampel befindet sich in den Nachwehen der Europawahl: Neuwahlen oder vielleicht doch ein neuer Kanzler? Wie erklärt sich der Verlust gerade junger Wähler bei den Grünen?
SPD-Parteijoker
„Auf Eigentore spezialisiert“, wochentaz vom 15.–21. 6. 24
Recht hat Anna Lehmann, dass die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP aktuell eindeutig zu den Losern gehört.
Vielleicht sollte die SPD-Bundestagsfraktion auch eine Fragebogenlösung zur Abwahl des Noch-Bundeskanzlers Olaf Scholz schaffen. Nach der gerade verlorenen Wahl zum EU-Parlament. Insofern sollten sich alle SPD-Bundestagsabgeordneten sehr genau überlegen, ob sie sich weiter in Geiselhaft von Scholz nehmen lassen wollen und so die Hälfte der Abgeordnetenmandate und -diäten verlieren oder ob die mündigen Fraktionsmitglieder spätestens mit den auch in Thüringen, Brandenburg und Sachsen im September verloren gehenden Landtagswahlen auf den Parteijoker Boris Pistorius setzen. Olaf Scholz ist schon seit Jahren eine Belastung für Partei und Bundestagsfraktion. Der Hamburger Warburg-Bank-Skandal wird jeden Tag zu einer größeren Belastung. Der Rücktritt des Noch-Bundeskanzlers ist bekanntlich nur eine Frage der Zeit.
Klaus Jürgen Lewin, Bremen
Wahlverhalten
„Klimaschutz ist kein Momentum“, wochentaz vom 15.–21. 6. 24
Wenn in der Gesellschaft die Wahrnehmung der Dringlichkeit der Klimakrise nachlässt und für die Leute andere Krisen und Probleme in den Vordergrund rücken, dann ist es erst mal nicht ungewöhnlich, dass auch viele junge Leute nicht mehr grün wählen. Gerade die jüngste Jugendstudie hat ja gezeigt, wie volatil das Wählerverhalten gerade der Jungwähler ist und wie stark dies von den vorherrschenden Stimmungen in der Gesellschaft beeinflusst wird.
Zur Verunsicherung vieler Jungwähler haben aber auch die Umweltverbände und Fridays for Future beigetragen. Da wurde das Abbaggern von wenigen Hundert Quadratmetern Freifläche in Lützerath zur Kern- und Menschheitsfrage stilisiert, ob das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden kann. Tatsächlich ging es nur darum, ob der Tagebau Garzweiler aus bergtechnischen Gründen etwas mehr an der Lützerather oder der Elsdorfer Seite abgebaggert wird. Der Stopp des Braunkohletagebaus 2030 und das Erreichen der gesetzten CO2-Ziel stand nie zur Diskussion. Wenn man aber junge Leute mit höchstem moralischen Anspruch in Auseinandersetzungen schickt, bei denen es nichts zu gewinnen gibt, dann produziert man Frust, der sich natürlich auch im Wahlverhalten niederschlägt.
Roger Peltzer, Kerpen
Außendarstellung
„Auf Eigentore spezialisiert“, wochentaz vom 15.–21. 6. 24
Keine Teamplayer, nur Einzelspieler. Vermutlich ist die Öffentlichkeit gerade davon genervt. An der Politik allein kann es eigentlich nicht liegen, da wurden einige Krisen relativ gut gemanagt. Nur, von einer Regierung erwartet man zu Recht eine etwas professionellere Außendarstellung und von einem Kanzler eine klare Kommunikation. Dass viele einer CDU-geführten Regierung eine bessere Arbeit nicht zutrauen, zeigen die Umfragen.
Sam Spade auf taz.de
Schubladen
„Plötzlich halten alle Volt für eine wählbare Partei“ wochentaz vom 15.–21. 6. 24
Ich bin 60 Jahre alt, war insgesamt 25 Jahre Mitglied bei den Grünen, fünf Jahre Mitglied bei der Linken und bin jetzt parteilos politisch aktiv. Ich habe mich seit Jahrzehnten als links-grün-liberal und überzeugten Europäer bezeichnet. Nach ausführlichem Studium des Programms habe ich bei der letzten Europawahl zum ersten Mal Volt gewählt und seit Ewigkeiten nicht mehr das Gefühl gehabt, ein kleineres Übel zu wählen. So ganz scheine ich nicht in die dreckige Schublade zu passen, die die taz für Volt-Wählende vorgesehen hat. Ich fahre nicht einmal einen Tesla.
Frank Brozowski, Dessau-Roßlau
Israelkritik
„Frohe Kapitulation allerseits!“, wochentaz vom 15.–21. 6. 24
Folgender Satz der von mir sonst geschätzten Ariane Lemme ließ mich zunächst sprachlos zurück: „Die Staatsräson wird mehr und mehr zur lästigen Fessel, zur Handbremse beim Israelhass – äh, Verzeihung – bei der Israelkritik.“ Die Implikation, hinter Kritik an Israel stecke immer nur Israelhass. Das ist unverschämt. Weiß Frau Lemme nicht, dass bei der Befreiung von vier – ja, nur vier – israelischen Geiseln in Nuseirat Anfang Juni bis zu 270 Zivilisten getötet wurden? Dass Kinder in Gaza schon an Unterernährung sterben? Diese Liste ließe sich mühelos fortsetzen.
Auch ich halte die Hamas-Terroristen für faschistische Barbaren. Aber die genannten Fakten lassen nur den Schluss zu, dass für die israelische Regierung palästinensische Leben erheblich weniger wert sind als israelische. Kann das zu benennen und zu kritisieren nur auf Israelhass gründen?
Mark Lawrence, Stuttgart
Methangas
„Pupsen verboten“, wochentaz vom 15.–21. 6. 24
Ganz vielen Dank für den ausgesprochen verständlich geschriebenen und mit einem sehr übersichtlichen Layout versehenen Artikel von Frau Mau und Frau Schwarz. Wahrscheinlich ist er in Einfacher Sprache verfasst. Aber auch ich, die geübt ist, komplexe und komplizierte Texte zu lesen, genieße diesen Artikel und profitiere enorm von seiner Klarheit und der einfachen Struktur der Sätze. Nun habe ich, was Methan betrifft, so viel mehr als jemals zuvor verstanden! Dies ist einer der Artikel, die ich mir aufheben werde!
Sylvia Braun, Konstanz
WM-Spielstätten
„Die erste gesamtdeutsche EM lässt den Osten (fast) außen vor“, wochentaz vom 8.–14. 6. 24
Der Osten ist also unterrepräsentiert – ein Schluss, zu dem man kommen mag, wenn man noch in Kategorien wie Ost und West denkt. Ein Blick auf die Karte der Spielstätten in der gleichen taz lässt auch eine andere Sicht zu: Im angeblich bevorzugten Westen befindet sich keine Spielstätte in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Zusammen tragen diese Bundesländer 17 Millionen Einwohner zur Gesamtbevölkerung bei – mehr als der angeblich vernachlässigte Osten, der immerhin mit Leipzig für seine kleinere Bevölkerungszahl eine Spielstätte hat. Wenn eine Frage zur Verteilung der Spielstätten zu stellen ist, dann weniger die nach Ost und West, sondern, warum Nordrhein-Westfalen mit einem Anteil von 40 Prozent so viele hat.
Sebastian Scheffler, Hamburg
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