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Archiv-Artikel

Im Auftrag des Teufels

Qualitätsradio aus Mitteldeutschland (1): Seit zehn Jahren versorgt das Uni-Radio mephisto97.6 Leipzig mit Nachrichten jenseits von Springer und mit Musik jenseits des Mainstreams

VON DAVID DENK

Der Mann im Radio klingt irritiert. „Wer zum Teufel sind Sie“, fragt er. Die Antwort lässt aufhorchen. Mephisto spricht: „Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“ Goethe-Zitate im Radio – in Sachsen? Dort, wo sonst Formatradios die Ohren der Hörer mit den „größten Hits“, „dem besten Mix“, „der meisten Abwechslung“ zukleistern? Was ist da los? Eine kleine Sensation, denn mit diesem Jingle geht mephisto97.6 auf Sendung.

Vormittags von 10 bis 12 und abends von 18 bis 20 Uhr übernimmt das Leipziger Lokalradio an Werktagen die Frequenz vom Dudelsender „R.SA Sachsen“ und macht alles anders: keine Werbung, keine Gewinnspiele, keine Kalauer. Dafür eine liebevolle Musikauswahl – etwa „Die Türen“, „Bloc Party“, „The Killers“ und die Gunter-Gabriel-Persiflage „Zuviel Zeit“ von DJ Koze. Außerdem zeichnet ein Wortanteil von 40 Prozent das Programm aus – Nachrichten, Beiträge, Interviews, Hörspiele, Features.

Das in die Journalistenausbildung der Uni Leipzig integrierte Vollprogramm ist der Gegenentwurf zum sächsischen Larifariradio. Und ganz nebenbei das erste und einzige Uniradio in Deutschland, das mit eigener Lizenz sendet und sein Programm in voller Eigenverantwortung der Studenten ausstrahlt. Heute wird mephisto97.6 zehn Jahre alt. Dieses Jubiläum ist wichtig, weil mephisto97.6 wichtig ist – sowohl für die Leipziger Öffentlichkeit als auch für die Macher.

Für die Öffentlichkeit vor allem weil die lokalen Informationen des Senders eine Gegenöffentlichkeit herstellen zur marktbeherrschenden Springer-Presse (Bild, Leipziger Volkszeitung). Diese Einschätzung teilen die vielen treuen Stammhörer. „Die Stadtverwaltung hört uns schon aus beruflichen Gründen“, sagt Stefan Mühlenhoff, einer von drei Chefredakteuren, „weil wir der einzige Sender sind mit umfassender Lokalberichterstattung und einfach schneller als die Volkszeitung.“ Dass es ein zweifelhaftes Kompliment ist, in Amtsstuben gehört zu werden, lässt er nicht gelten: „Dieses Feedback zeigt uns, dass man unseren Informationen vertraut – eine schöne Bestätigung für unsere Arbeit.“ Wichtig für die Macher ist dieses Jubiläum, weil ihre Verdienste endlich auch mal in der Öffentlichkeit stehen. Denn alle 120 Redakteure arbeiten ehrenamtlich, manche – wie Chefredakteur Mühlenhoff – opfern ganze Semester dem Sendebetrieb im sozialistisch-schäbigen Seminargebäude der Uni. Zwar wird jede Sendung mit einem der Programmdirektoren, Professoren und Dozenten des Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaften, ausgewertet, doch im Redaktionsalltag lernen Studenten von Studenten.

Weil nach der Arbeit bekanntlich das Vergnügen steht, wird für die Mitarbeiter von mephisto97.6 die große Geburtstagsparty am Samstag der Höhepunkt der Festwoche sein, die gestern begonnen hat. „Deichkind“ sowie „Olli Schulz und der Hund Marie“ bedanken sich live auf der Bühne für die Unterstützung von mephisto97.6. Außerdem liest jeden Tag ein prominenter Journalist die Nachrichten, etwa Peter Kloeppel, Anchorman von „RTL Aktuell“ oder Gundula Gause, Komoderatorin des „heute-journals“. Die Gäste zeigen, wohin die Mitarbeit bei mephisto97.6 führen kann. Ausdrücklich kann, nicht muss. Denn vor allem geht es bei mephisto97.6 um eines: probieren. Und das geht bei vielen Mitarbeitern zu gern über studieren.