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Ausgehen und rumstehenvon Fabian SchroerBass in den Ohren und ein warmes Gefühl in der Brust

Der Himmel brennt über dem Wedding. Die letzten Sonnenstrahlen glühen orangerot vor dem lilafarbenen Himmel und malen Heiligenscheine hinter die Konturen der Schlote und Hallen des Westhafens. Ich sitze mit einer Zigarette in der Hand inmitten einer Gruppe von Leuten, die ich kaum kenne, und schaue nach Westen. Bass dröhnt in meinen Ohren, und ein warmes Gefühl breitet sich in meiner Brust aus.

Einige Stunden zuvor sitzen M., A. und ich auf einer Picknickdecke am Paul-Linke-Ufer und braten in der Sonne. Es ist Samstagnachmittag, wir schwitzen unter unseren langen, dunklen Jeans. A. öffnet eine Flasche Lidl Prosecco und gießt ihn in Gläser mit Eis. Wir blicken aufs Wasser und beobachten die Rudernden, die schweißnass durch den grünen Strom pflügen. „Und zieh!“, ruft M. ihnen zu. Eine Frau mit rot getönten Locken und geblümter Bluse wirft ihr einen vernichtenden Blick zurück.

Wenig später machen wir uns auf den Weg ins Heideglühen. Wir steigen in die U8 und fahren mit ihr nach Gesundbrunnen, von dort aus weiter in der Ringbahn. Die Schlange vor der Heide ist lang und bewegt sich wenig. Die meisten Menschen haben weniger an als wir. Einzelne Sonnenstrahlen stechen durch das Blätterdach, das die Wartenden von der Außenwelt abschirmt. Daneben fällt die grüne Böschung in Richtung Hafenbecken ab.

„Schlange bisschen lang! Kalte Getränke! Augustiner, Cola, Jägermeister!“, höre ich eine Stimme im mantrahaften Singsang eines Marktschreiers rufen. „Oh, ich habe eine Idee!“, sagt A. begeistert. „Nächstes Mal stellen wir uns hier hin und verkaufen Würstchen.“ „Ja, von so einem Grill im Bauchladen wie der Typ am Alex“, schlage ich vor. „4,50 Euro ein Würstchen, ein veganes 5 Euro.“ Eine junge Frau spricht uns zögernd von der Seite an und fragt, ob sie die Flasche Sekt in ihrer Hand gegen einen Schlangenplatz an unserer Seite tauschen könne. Sie heißt S., hat verschlafen, und ihre Freunde sind schon seit Stunden drin. Wir nehmen sie auf. S. kommt ursprünglich aus einem Nachbarort meiner Heimatstadt. Ich höre es an ihrer Aussprache.

Nach mehr als einer Stunde sind wir endlich drin. Das Heideglühen türmt sich wie eine Burg aus Brettern und bunten Containern gegen den Himmel auf. In Beeten zwischen Bänken und Bars wachsen Blumen. Am Rande des Außenfloors steht ein Jacuzzi, aus dem Schaumwogen auf die Tanzfläche schwappen. Trotz der Hitze scheint keiner mutig genug, sich eine Abkühlung zu gönnen. Der DJ hat draußen bereits aufgehört zu spielen. Die echte Open-Air-Saison beginne im Heideglühen wohl erst im Sommer, sagt uns jemand. Musikalisch zu kurz kommen sollen wir trotzdem nicht. Auf dem Mainfloor legen zuerst Jef K aus Paris und dann Simon Caldwell aus Sydney drückende Housemusik auf.

Durch die Plexiglasdecke knallt die Sonne auf die Köpfe der Tanzenden. Es ist schwül-heiß in dem schwach beleuchteten Raum. Bunt gekleidete Menschen tanzen auf der Galerie und im Hof darunter. Bässe vibrieren in meinem Kopf, während ich ebenfalls anfange, meinen Körper zur Musik zu bewegen. Als wir verschwitzt zurück nach draußen stolpern, sind die hölzernen Treppen, Bänke, Terrassen und das darauf sitzende Partyvolk bereits in orangerotes Licht getaucht. Wir kaufen Biere und setzen uns zu S. und ihren Leuten auf den Boden. „Ist das nicht geil?“, frage ich A., der verträumt in den dunkler werdenden Himmel schaut. Die Sonne geht hinter der Industriekulisse unter und brennt noch ein letztes Mal auf unseren nassen Gesichtern.

Um halb 4 sage ich Lebewohl zu den neuen Freunden und schlendere in Richtung S-Bahn. Als ich am Rathaus Neukölln aus dem Schacht steige, beginnt es hinter den Häusern bereits azurblau zu dämmern.

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