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Archiv-Artikel

Tafeln „keine Lückenfüller“

Die„Tafeln“ für Obdachlose werden missbraucht

Herbert Thomsen, 56

■ ist Mitarbeiter des Bremer Erwerbslosen Verbandes.

taz: Herr Thomsen, sind die Tafel-Kunden von den Angeboten abhängig?

Herbert Thomsen: Viele Menschen haben sich darauf eingerichtet, ihre Lebensmittel von der Tafel zu erhalten. Sie kalkulieren fest damit und verplanen ihr Bargeld für andere Ausgaben – für ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Hat sich die Funktion der „Tafeln“ verändert?

Die Tafel ist durch ihre große Anzahl zu einem flächendeckenden System gewachsen. Die Tafeln fangen mittlerweile staatliche Kürzungen ab, obwohl sie nur ein Zusatz sein sollten. Auch in Bremen haben Behörden mit Hinweis auf die Tafel schon Leistungen verweigert.

Die Tafeln lassen sich instrumentalisieren?

Das liegt vor allem an den Vorständen, die häufig mittelständische Unternehmer sind. Diese Gruppe ist nicht resistent gegenüber den politischen Vorgaben.

Was tun?

Nur wenn sich die Betroffenen selbst organisieren, wären die Tafeln unabhängig. Doch mittlerweile haben die 850 Tafeln in Deutschland ein enges Verhältnis zu den Lebensmittelgroßhändlern, so dass eine Art Kartell entstanden ist. Konkurrenz hätte keine Chance.

Wer ist schuld?

Einerseits wollen die Lebensmittelkonzerne Image-Werbung betreiben und beliefern deshalb die Tafeln, um sich als Gutmenschen darzustellen. Andererseits sieht die Politik die Chance, Kürzungen über die Tafel abzuwälzen. INTERVIEW: CHRISTOPH PAGEL

20 Uhr, Thomsen-Vortrag im „Paradox“ in der Bernhardstraße 12