KURZKRITIK: ANDREAS SCHNELL ÜBER „THE DRIFT“ : Schwappende Metapher
Am Donnerstag feierte der zweite Teil der Trilogie „Displacing Future“ in der Schwankhalle seine Bremen-Premiere. Im Vergleich zum ersten Teil, „Bog Forest“, ist „The Drift“ abstrakter. Der Rahmen, den das Projekt „zuhause.anderswo“ bildet, setzt das Stück in den Kontext von Migration. „The Drift“ aber schwappt wie ein Ozean, zentrale Metapher der Choreografie, darüber hinaus: Das beeindruckende fünfköpfige Tanz-Ensemble scheint hin und hergeworfen von den Mächten der Natur, driftet auseinander, aufeinander zu. Diese Mächte sind indes nur bedingt Natur: Der Ozean steht auch für den Weg zu einem besseren Leben, der aufgund der Mittellosigkeit derer, die ihn überqueren wollen, zur Todesfalle wird. Choreograf Helge Letonja verzichtet auf die Bilder von Gewalt und Tod, lässt uns vielmehr eine allgemeinere Ohnmacht spüren. Kunsu Shim und Gerhard Stäbler haben dazu eine Musik geschrieben, die rauscht, zirpt, zerrt, manchmal mit grellen Akzenten aufrüttelt, dargeboten von einem exzellenten jungen Ensemble. Das ist während der Aufführung nur schemenhaft zu erkennen, aber doch präsent hinter dem Segel, das Projektionsfläche für die Videoarbeiten von Kyungwoo Chun ist, sich aber auch mit wenigen Handgriffen ins Innere eines Wirbelsturms oder in ein bedrohliches Wolkendach verwandeln lässt.
■ nächste Aufführungen: Samstag und Sonntag, 20 Uhr, Schwankhalle