: Böses Blut bei der Polizei in NRW
Die Blutabnahme bei Duisburger Polizisten zur Fahrtauglichkeitsprüfung stößt auf Kritik bei Datenschützern und Gewerkschaft. Dabei ist die Untersuchung kein Einzelfall in NRW
Bochum taz ■ Der neue Pflichtbluttest für Duisburger Polizisten lässt bei Datenschützern und Polizeigewerkschaft die Alarmglocken läuten. Duisburgs Polizeipräsident Rolf Cebin lässt seit drei Tagen seinen Polizisten innerhalb der regelmäßigen Fahrtauglichkeitsprüfung Blut abzapfen. Jetzt hat die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol den Behördenchef aufgefordert, die Rechtsgrundlage für die Dienstanweisung zu erklären. „Wir haben ein Auskunftsersuchen gestellt“, sagte Sokols Sprecherin Bettina Gayk zur taz. Außedem protestierten Polizeigewerkschafter heftig gegen die Dienstanweisung.
Cebin hatte zum 1. Juni verfügt, dass den Beamten, die die ärztliche Fahrtauglichkeitsprüfung über sich ergehen lassen, ab sofort zusätzlich Blut abgenommen wird. Das habe er auf Anraten des untersuchenden Arztes getan, sagte Cebin gestern zur taz. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass Krankheiten wie Diabetes, Nierenschäden oder auch psychische Erkrankungen nur auszuschließen seien, wenn ein Blutbild des Beamten vorliege.
Fahrtauglichkeitsprüfungen werden bei Beamten alle fünf Jahre vorgenommen. Beamte über fünfzig müssen alle drei Jahre zum Test. Das sei notwendig, um beispielsweise bei Blaulichtfahrten größtmögliche Sicherheit herzustellen, so Cebin. Das neue Verfahren soll eine „erhöhte Bereitschaft“ der Streifenwagenbesatzungen sicherstellen. Zudem könne „jeder Beamte froh sein, wenn bei der Blutuntersuchung etwas entdeckt wird“, was ihn eventuell krank mache.
Die Gewerkschaftsvertreter laufen gegen die neue Anweisung Sturm. „Das ist ein Zustand wie im Mittelalter“, sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. Die Anordnung der Blutproben sei ein Eingriff in die körperliche Integrität der Beamten. Auch sei bisher gar nicht gesichert, was mit den Daten der ausgewerteten Blutprobe geschehe, stellte Wendt fest. „Die könnten dann ja auch bei meiner Lebensversicherung landen.“ Wendt forderte den noch amtierenden Innenminister Fritz Behrens (SPD) auf, Cebin anzuweisen, die Praxis sofort wieder einzustellen. Aber der „Innenminister hat wohl keine Lust mehr“, sagte der Polizeigewerkschafter. Seine Hoffnungen richten sich nun auf den designierten Innenminister Ingo Wolf (FDP). Wenn Wolf komme, könne es sogar ein Disziplinarverfahren gegen Cebin geben, hofft Wendt.
Von der FDP gibt es heftige Kritik an Cebins Handeln. Der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Horst Engel, sagte, der Duisburger Behördenchef stelle sich „außerhalb des Regierungshandelns“. Behrens hatte kürzlich erklärt, Blutproben sollten nur noch auf freiwilliger Basis möglich sein. Es gebe für Cebins Handeln keine Rechtsgrundlage. „Dieses Handeln stellt alle Beamten unter Generalverdacht“, sagte Engel. „Es kann nicht sein, dass sich ein Polizeipräsident trotz einer öffentlichen Verlautbarung des Innenministers so verhält“, kritisierte er. „Das wird es mit der neuen Landesregierung nicht geben.“
Cebin rechtfertigte sein Vorgehen gegenüber der taz damit, dass auch andere Polizeidienststellen so verfahren würden wie die Duisburger. „In Essen und Bochum gibt es darüber gar keine Diskussion.“ Auch die Autobahnpolizei Düsseldorf verlange Blut von ihren Beamten.
In Bochum setzt die Blutentnahme das Einverständnis des Polizisten voraus. Anders als in Duisburg gibt es bei der Verweigerung keine Disziplinarmaßnahmen. „Die Blutentnahme gehört bei uns nicht zum normalen Programmablauf der Fahrtauglichkeitsprüfung“, sagte Bochums Polizeisprecher Volker Schütte. Auch in Köln ist eine verpflichtende Blutprobe laut Sprecherin Gudrun Haustetter kein Thema: „Das ist vor dem Hintergrund des Statements von Herrn Behrens bei uns kein Thema.“
Die Autobahnpolizei Düsseldorf hat wie die Duisburger ihre Polizisten verpflichtet, Blut abzugeben. Das bestätigte der Sprecher der Bezirksregierung, Ulrich Schiefelbein gestern der taz. Daran wird sich nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministeriums kurzfristig nichts ändern. „Es gibt keine Anweisung, das zu verändern“, sagte Ministeriumssprecher Ulrich Rungwerth gestern. Es werde aber im Ministerium „mit Hochdruck an einer einheitlichen Lösung des Problems gearbeitet“.
ELMAR KOK