Massenhaft zu arm

Chaos um Schulbuchgebühr: Schulleiter wissen noch nichts von Härtefallregel und halten sie für keine Lösung

Das Problem der Familien, die zu arm sind, um die neue Schulbuchgebühr zu bezahlen, scheint noch nicht gelöst. Wie die taz gestern berichtete, warnen Sozialarbeiter vor einer „Lücke“ in der Lernmittelverordnung, weil gering verdienende Familien nicht befreit werden, selbst wenn sie weniger verdienen als Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Bildungsbehördensprecher Alexander Luckow verwies auf eine in einer Senatsdrucksache aufgeführte Härtefallregelung, die es Schulleitern „im Einzelfall“ erlaubt, nach Rücksprache mit der Behörde Ausnahmen zu machen.

„Dass es eine solche Härtefallregelung gibt, wurde mit uns nicht kommuniziert“, erklärt Klaus Wendtland vom Verband der Hamburger Schulleitungen (VHS). Eine Einzelregelung sei jedoch insbesondere für Schulen in ärmeren Gegenden wie Altona-Altstadt oder Wilhelmsburg „keine Lösung“. Wendtland: „Da müsste man massenhaft Ausnahmen machen.“ Auch wäre die Bearbeitung dieser „Einzelfälle“ von den überlasteten Schulbüros nicht zu leisten. Die Behörde müsse deshalb eine „andere Lösung“ finden.

Sozial ausgewogen wäre eine einkommensabhängige Elternbeteiligung, wie sie beispielsweise Rheinland-Pfalz praktiziert. Dort erhalten nicht nur ALG-II-Empfänger, sondern auch Familien mit einem Jahreseinkommmen bis zu 21.480 Euro eine Unterstützung beim Bücherkauf. Für jedes weitere Kind steigt die Einkommensgrenze um 3.070 Euro, bei Alleinerziehenden beginnt sie bereits bei 18.410 Euro.

Das ganze Modell sei nicht nur „schlecht gestrickt“, sondern auch eine „sozial unausgewogene Mogelpackung“, kommentiert GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch. Wenn dies nun die Schulleitungen per Einzelfallregelung ausbügeln sollte, führe dies zu „Bürokratismus hoch drei“. Goetsch: „Die einzige Lösung wird sein, das Modell ein Jahr auszusetzen.“ Kaija Kutter