Kultur-Abstimmung
: Augsburger Verhältnisse

Bremen sollte nach Augsburg blicken: eine Stadt, die Erfahrungen hat mit gescheiterten Kulturhauptstadtsbewerbungen wie mit dem Austarieren von Bürgerwillen und kulturpolitischen Entscheidungen. Dort hat eine Verlegerin eine Venus-Figur eines renommierten Bildhauers gestiftet. Die erregte in ihrer Fülle den Unwillen der Bürger. Die Stadt gab nach – und ließ die Figur abbauen.

Kommentar von Friederike Gräff

In Bremen hat der Weser-Kurier nun eine Umfrage initiiert, bei der die Leser abstimmen sollen, ob sie sieben Millionen Euro für das Kulturprojekt „Stadtwerkstadt“ ausgeben oder es lieber für andere Projekte zur Verfügung stellen wollen. Vielleicht wird demnächst über die Geranienfarben im Bürgerpark abgestimmt. Doch die Bremer Kulturszene ist alarmiert und ruft zur „Manipulation mit möglichst vielen Ja-Stimmen“ auf. Wie schön – eine Stadt, in der die Kulturszene aktiv ist und sich einmischt. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Vor allem ist es eine Stadt, in der man so wenig Zutrauen in die Kulturpolitik und -verwaltung hat, dass die Leserbefragung im Lokalblatt für das Damoklesschwert des größten Kulturprojekts der Stadt gehalten werden kann. Augsburger Verhältnisse eben.