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Parteipolitischer Datensalat

VORRATSDATENSPEICHERUNG Union und FDP können sich auf keinen gemeinsamen Vorschlag einigen. Ein Kompromiss, mit dem beide Seiten leben könnten, ist schwer zu finden

Die Justizministerin bleibt stur. Sie präferiert das Quick-Freeze-Verfahren

VON CHRISTIAN RATH

FREIBURG taz | Seit zwei Jahren streiten Union und FDP über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, doch sie kommen sich in dieser Sache keinen Schritt näher. Auch ein Gespräch zwischen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP blieb am Mittwochabend ergebnislos. Natürlich hat das etwas mit Profilschärfung bei den eigenen Wählern zu tun. Aber es wäre auch nicht so einfach, einen Kompromiss zu finden, mit dem beide Seiten gut leben könnten.

Die Ausgangslage ist klar. Seit dem Jahr 2008 muss Deutschland die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umsetzen. Telefonfirmen müssten demnach sechs Monate lang speichern, wer wann wo mit wem telefoniert, gemailt oder gesimst hat. Auch Internetfirmen müssten sechs Monate lang festhalten, wer wann wem eine Mail geschrieben hat und wer wann mit welcher IP-Adresse im Internet unterwegs war.

Die große Koalition hat Ende 2007 ein entsprechendes Gesetz beschlossen, dieses wurde aber im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht beanstandet. Es forderte eine Neuregelung mit besserem Datenschutz. FDP und CDU/CSU können sich seither aber nicht einigen.

Innenminister Hans-Peter Friedrich hat im letzten Dezember eine Verkürzung der Speicherfrist von sechs auf vier Monate angeboten. CDU-Sicherheitspolitiker um den Bundestagsabgeordneten Clemens Binninger waren im September 2011 sogar zu einer Verkürzung auf drei Monate bereit.

Auch die SPD hat sich auf ihrem Bundesparteitag im Dezember 2011 für eine dreimonatige Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Der Vorschlag widerspräche zwar im Moment noch der EU-Vorgabe, doch die Richtlinie wird im Moment ohnehin überarbeitet. Es wird damit gerechnet, dass auch die Kommission eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate vorschlägt.

Für die FDP ist das jedoch kein tragbarer Kompromiss. Auch bei einer dreimonatigen Vorratsdatenspeicherung würden von allen Bürgerinnen und Bürgern gigantische Datenmengen anlasslos gespeichert.

Der Bundesdatenschutz-Beauftragte Peter Schaar hat im November 2010 einen deutlich radikaleren Kompromissvorschlag gemacht. Danach soll bei Telefondaten ganz auf die Vorratsdatenspeicherung verzichtet werden, bei Internetdaten soll sie auf ein bis zwei Wochen beschränkt bleiben. Dafür bekam Schaar zwar Prügel von Bürgerrechtlern, die darin eine „Vorratsdatenspeicherung light“ sahen. Doch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger griff den Vorschlag auf und machte ihn zum Teil ihres Gesetzentwurfs.

Allerdings macht bei einer ganz kurzen Vorratsspeicherung die Polizei nicht mit. Selbst eine vierwöchige Speicherfrist würde nur bei fünf Prozent der Abfragen zu Ergebnissen führen, erklärte im Januar das Bundeskriminalamt.

Hauptvorschlag der Justizministerin ist das Quick Freeze-Verfahren. Danach könnten Daten von der Polizei sichergestellt werden, bis ein Richter die Auswertung genehmigt. Für die Justizministerin steht Quick Freeze im Mittelpunkt, weil Daten hier nicht anlasslos, sondern nur im konkreten Verdachtsfall gespeichert werden. Für die Polizei ist Quick Freeze aber ein untaugliches Konzept, weil es nur dort Daten nutzbar macht, wo sie zufällig bei den Telefon- und Internetfirmen noch vorliegen. Gegenüber einer heute schon möglichen Eilanordnung durch die Staatsanwaltschaft werden damit auch nur wenige Stunden gewonnen.

Ein naheliegender Kompromiss könnte darin liegen, dass die Internet-Verbindungsdaten sechs Monate auf Vorrat gespeichert werden, während es für Telefondaten keine Vorratsspeicherung gibt. Hierfür spricht eine BKA-Untersuchung, wonach sich rund 90 Prozent der BKA-Anfragen auf Internetdaten beziehen und nur 10 Prozent auf Telefondaten. Außerdem lagen bei den Internet-Providern derzeit in 92 Prozent der Anfragen keine Daten vor, während die Telefonfirmen schon jetzt fast immer Auskunft geben können.

Polizeilich notwendig ist die Vorratsdatenspeicherung also nur bei Internetdaten. Doch ein solcher Kompromiss wurde bisher von keiner Seite vorgeschlagen.

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