: „Angst nein, Bedenken schon“
INTEGRATION Ferdinande Schenke betreut beim Hamburger Mentorenprojekt „Yoldas“ den achtjährigen Serkan. Bisher hat sie es nicht bereut
■ 66, war Fachschul-Lehrerin für Sozialpädagogik. Seit acht Monaten ist sie bei „Yoldas“.
INTERVIEW JANKO RAAB
taz: Frau Schenke, warum wollten sie Mentorin werden?
Ferdinande Schenke: Ich bin seit einiger Zeit nicht mehr berufstätig, habe aber als Berufsschul-Lehrerin in der Erzieherausbildung viel Kontakt zu Migranten gehabt. Das Thema Integration liegt mir sehr am Herzen.
Wie oft treffen Sie Ihr Patenkind?
Einmal pro Woche hole ich Serkan aus dem Hort ab. Oft ist auch mein Ehemann dabei. Manchmal fahren wir einfach nur zu uns nach Hause und spielen Gesellschaftsspiele oder basteln. Wir waren aber auch schon im Theater, haben Waldspaziergänge unternommen und eine Schifffahrt im Hafen gemacht. Es gibt kein festes Programm. Serkan kommt nicht zu uns, weil wir ihm Nachhilfe geben. Lernerfolge stellen sich eher indirekt ein.
Was genau haben Sie bemerkt?
Sein Wortschatz wird immer größer. Er ist ein sehr intelligentes Kind. Auch die Lehrerin bestätigt, dass unsere gemeinsamen Nachmittage ihm gut tun. Manchmal stellt er schon richtig philosophische Fragen.
Warum hat Serkans Familie beim Mentorenprojekt mitgemacht?
Wir haben einen freundschaftlichen Kontakt zu Serkans Mutter. Sie möchte ihrem Sohn die Integration erleichtern. Weil sie weiß, dass türkische Familien oft innerhalb ihrer Community bleiben, hat sie mitgemacht. Ich glaube, sie ist sehr auf die Bildung ihres Sohnes bedacht.
Hatten Sie Angst, dass es vielleicht nicht passen würde zwischen Ihrem Patenkind und Ihnen?
Angst direkt nicht. Bedenken wegen der Verantwortung schon. Das ist ein großes Vertrauen, das uns diese Familie entgegenbringt. Da haben wir uns schon manchmal gefragt, auf was wir uns da einlassen. Aber das hat sich gelegt. Wir planen, langfristig dabei zu bleiben und Serkan macht auch schon Pläne für die nächsten 20 Jahre.
Haben Sie selbst auch etwas gelernt?
Wir haben Dinge erlebt, die wir vorher nie erlebt hätten. Zum Beispiel waren wir auf einer Veranstaltung mit vielen türkischen Familien. Haben Kontakte geknüpft. Auch unsere deutschen Freunde sind sehr neugierig geworden und möchten in Zukunft auch in türkischen Kulturkreisen verkehren.
Haben Sie auch negative Erfahrungen gemacht?
Nein! Allerdings vergesse ich manchmal den anderen kulturellen Hintergrund und stelle „dumme“ Fragen, zum Beispiel ob er zu Weihnachten auch ein Geschenk bekommt und er antwortet dann, dass er ja Weihnachten gar nicht feiert.
Wie wird man Mentor bei „Yoldas“?
Das ist ein ziemlich aufwendiges Verfahren. Zunächst führen zwei Mitarbeiter des Projekts ein Interview mit den interessierten Mentoren durch. Die Mitarbeiter überlegen dann, ob diese in Betracht kommen und ob ein passendes Kind vermittelt werden kann. Wenn das der Fall ist, wird ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis verlangt. In einem Workshop wird man dann auf die Betreuung vorbereitet. Bedingung ist, dass man mindestens ein Jahr lang alle ein bis zwei Wochen für zirka drei Stunden Zeit hat.
Gibt es mehr interessierte Mentoren oder mehr Kindern aus Einwanderfamilien, die einen Tandempartner suchen?
In Osdorf stehen acht Kinder auf der Warteliste, für die noch keine Mentoren gefunden wurden. Innerhalb der türkischen Community hat sich das Projekt rumgesprochen.
Infoabend: Montag, 23. April,
ab 18.30 Uhr, Bürger-Stiftung
Hamburg. Anmeldung unter
☎ 040-878 89 69-72/-60