: Künftig mehr Rechte für die Basis
Die Kölner CDU will morgen über die Abschaffung des Delegiertensystems bei Parteitagen befinden. So mancher „Ortsfürst“ bangt um seine Vormachtstellung
KÖLN taz ■ Die Kölner CDU steht am Dienstag vor einer Weichenstellung. Die Partei will basisdemokratischer werden, doch nicht alle wollen dabei mitmachen. Hinter der Grundsatzentscheidung über die Abschaffung des Delegiertensystems bei Parteitagen stehen auch Machtkämpfe innerhalb des Kreisverbands.
Kein Wunder, dass CDU-Parteichef Walter Reinarz pathetische Worte in seinem Brief an die Mitglieder findet. Nach dem „historischen Wahlsieg“ bei der Landtagswahl müsse eine „wichtige Entscheidung herbeigeführt“ werden. In allen wesentlichen Sach- und Personalentscheidungen hätten die Mitglieder mit dem neuen System künftig mehr Rechte.
Manche „Ortsfürsten“ fürchten nun jedoch um ihre Vormachtstellung. Die Wahl der Delegierten bot ihnen bisher die Chance, möglichst viele der Parteikollegen an sich zu binden. Aus den meisten Hauptversammlungen der 45 Ortsvereine der CDU kam fast jeder willige Besucher mit einem Pöstchen. Gleichwohl verpflichtete das Delegiertenamt zur Teilnahme am Kreisparteitag – dadurch war der Saal nie leer.
Manche Orts- und Stadtbezirksverbände wollen im neuen Abstimmungszeitalter auf hergebrachte Weise mobilisieren. Aus Lindenthal, der Heimat des umstrittenen CDU-Politikers Richard Blömer, verlautet bereits, man werde Busse anmieten, um die Mitglieder bei wichtigen Entscheidungen in die Lage zu versetzen, mitzustimmen.
Unterdessen hat sich auch der Kanzler-Enkel Konrad Adenauer in die Diskussion eingeschaltet. Auch er fordert die Einführung des Mitgliederparteitags: „Ich verspreche mir davon einen Gewinn an innerparteilicher Demokratie, Durchsicht, Klarheit und Ehrlichkeit“, schreibt er in einem Offenen Brief. Bisher habe man sein Stimmrecht „praktisch abgegeben“, so Adenauer, weil die örtlichen Vorsitzenden „ihren“ Delegierten sagten, wie beim Parteitag abzustimmen sei. „Nun lässt sich auf 20 bis 30 ,dankbare' Delegierte natürlich leichter Einfluss nehmen als auf einige 100 Mitglieder, denen man dann auch nicht erzählen kann, dass sie bei widrigem Verhalten beim nächsten Mal nicht mehr als Delegierte aufgestellt würden.“ Insofern hofft Adenauer mit der neuen Abstimmungsmethode auch auf ein Ende der Flügelkämpfe.
FRANK ÜBERALL