: Die Öko-Attac-Allianz, nächster Versuch
Der McPlanet-Kongress in Hamburg debattiert alles, aber vor allem die Auswirkungen des Konsums. Die Fakten sind bekannt, manche Ideen sind neu: Warum keine Warnhinweise für Geländewagen? Warum keine neue Umwelt- oder Atomkampagne?
AUS HAMBURG BERNHARD PÖTTER
Der Cowboy auf der Anzeige reitet durch eine grandiose Wüstenlandschaft. Aber er ist nicht unterwegs nach Marlboro Country, sondern: „Come to Death Valley“. Supermodel Heidi Klum wirbt für McDonald’s: „Seit ich Bulimie habe, esse ich alles, was ich will.“ Die etwa 40 Teilnehmer am „Adbusting“-Workshop hatten mit Schere, Kleber, alten Zeitschriften und neuer Kritik am Kapitalismus ihre Botschaft zusammengebastelt: Ganz im Sinne des „Subvertizing“ der kanadischen „Adbusters“-Gruppe nutzen sie die Werbung, um ihre Kritik an der Konsumgesellschaft zu formulieren.
Das war das beherrschende Thema auf dem zweiten Kongress „McPlanet“ am Wochenende an der Universität Hamburg. Natürlich debattierten 1.500 Teilnehmer aus Deutschland und 18 anderen Ländern auch die Rettung des Regenwaldes, den Krieg in Bolivien, den Klimawandel, die Politik der Weltbank. Nach dem Kongress vor zwei Jahren in Berlin, auf dem eher die Themen von Attac (Finanzsysteme, Wirtschaftsordnung) dominiert hatten, setzte McPlanet in Hamburg deutliche Akzente in der Öko- und Lebensstildebatte. Sie taten das mit bekannten Fakten, aber neuen Ideen.
„Warum steht auf der Werbung für dicke Geländewagen kein Warnhinweis wie bei Zigaretten?“, fragte etwa Stefan Flothmann von Greenpeace. „Wer Werbung macht, müsste verpflichtet werden, auch zu informieren.“ Die Politik müsse für die Rahmenbedingungen sorgen, damit „Öko-Produkte billig und Nicht-Öko-Produkte teuer sind – und nicht umgekehrt.“
Und die „Macht und Ohnmacht des Konsumenten“? Zehn Jahre nach der Kampagne gegen die Versenkung der Shell-Plattform „Brent Spar“ in der Nordsee analysierte die ehemalige taz-Redakteurin Annette Jensen, wann Protest erfolgreich sei. Es brauche ein gewichtiges Thema, der Branchenführer müsse angegriffen werden, es brauche einen breiten gesellschaftlichen Konsens zum Thema, Alternativen, Zwischenerfolge und attraktive Bilder für die Medien. Aber warum klappt es dann nicht mit einer breiten Bewegung zur Chemiepolitik und der REACH-Richtlinie der EU, fragte leicht verzweifelt Patricia Cameron vom BUND. Alle Punkte seien erfüllt. Eine Antwort wusste niemand.
Eine gute Gelegenheit für eine neue starke Protestbewegung sieht Jensen dagegen für den Fall, dass eine neue Bundesregierung die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängert: Die Castor-Demonstrationen liefern die Bilder, die Etappenziele sind die AKW-Schließungen, es gibt Ökostrom als Alternative und 60 Prozent der Deutschen seien weiter gegen AKWs. Die Konsequenz aus dem Strategietreffen in Hörsaal B: Eon kann sich schon mal warm anziehen.
Und der Verbraucher? Hat eine Menge Macht, so Johannes Merck vom Otto-Versand: „Erst die Kampagne für saubere Kleidung hat bei uns Bewusstsein geschaffen, dass mit den Arbeitsbedingungen unserer Zulieferer etwas falsch läuft.“ Der Verbraucher müsse „aus der Opferrolle raus“, sagte auch Greenpeace-Aktivist Flothmann. „Die Menschen müssen ihre Macht fühlen und merken, dass man auf Unternehmen Druck machen kann.“
Wie kommt man „vom Konsum zum Handeln“? Sven Giegold von Attac beschwor zum Abschluss der Konferenz eine starke Allianz aus Gesellschaftskritikern und Umweltschützern. Bisher hätten sich die Ökos bei der Debatte um den Umbau des Sozialstaats gedrückt. „Aber Neoliberalismus und Ökologie sind unvereinbar“, mahnte Giegold, „wir müssen gemeinsam die Systemfrage stellen.“ Ganz konkret heiße das: Gemeinsam die Anti-Gentech-Aktion „Feldbefreiung“ im Juli unternehmen; gemeinsam im November gegen den Castor demonstrieren. „Wir brauchen eine Umweltbewegung, die wieder kämpft“, rief Giegold, „wenn jeder seinen Feldhamster selbst verteidigt, werden wir nicht weit kommen.“