: Auf Augenhöhe
Kölner Drogenhilfe startet das Projekt „an.sprech.bar“. Jugendliche klären Altersgenossen über Drogen auf
KÖLN taz ■ Andreas Kern scheint prädestiniert für den Job. „Durch meine Arbeit als DJ habe ich Erfahrungen gemacht, wie exzessiv Jugendliche feiern und möchte meine Erfahrung nun einbringen“, erläutert der Student seine Beweggründe, ein „peer“ zu werden. Erstmalig eingesetzt werden Kern und seine 20 Mitstreiter am kommenden Wochenende beim Kölner „Urban Stylez“-Festival auf dem Ehrenfelder Neptunplatz. Doch was genau ist ein „peer“?
Das Ziel sei, beim Thema Suchthilfe und Prävention „direkt etwas mit den Jugendlichen zu tun“, erklärt Anne Kreft von der Kölner Drogenhilfe e.V. Um das zu realisieren, wurde das bundesweit bislang einmalige Projekt „an.sprech.bar“ ins Leben gerufen. Der Name ist Programm. „Wir wollen Gesprächsbereitschaft zeigen statt mit erhobenem Zeigefinger zu dozieren“, so Kreft.
Deshalb wurden an drei Wochenendseminaren 20 Jugendliche im Alter von 20 bis 25 Jahren zu eben jenen „peers“ ausgebildet, was so viel heißt wie „Ebenbürtige“. Auf dem Stundenplan standen neben Informationen über die Wirkung und die Risiken von Drogen auch Gesprächsstrategien. Statt hinter dem Infotisch auf Interessenten zu warten, sollen die „peers“ zunächst auf Festivals und in Clubs, später auch in Schulen und anderen Jugendeinrichtungen die Jugendlichen direkt ansprechen. „Ausgebildete Sozialpädagogen sind nicht so dran an der Zielgruppe“, erläutert Ralf Wischnewski von der Drogenhilfe.
Den Anstoß zur Veränderung der bisher gängigen Methoden gab der jüngst erschienene Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung. „Der Alkoholkonsum bei Jugendlichen ist nicht nur konstant, es ist sogar ein Trend in Richtung Verjüngung der Konsumenten auszumachen“, gibt Kreft an.
Neben persönlichem Zugehen auf die Zielgruppe möchte man die Jugendlichen vor allem auf spielerische Art erreichen. So simuliert etwa der Blick durch so genannte „Rauschbrillen“ einen Alkoholrausch und führt den Jugendlichen auf einem Hindernisparcours die verzerrte Wahrnehmung durch übermäßigen Drogenkonsum vor Augen.
Dennoch wollen die Mitarbeiter der Drogenhilfe realistisch bleiben. „Drogen werden konsumiert, ob wir wollen oder nicht“, stellt Wischnewski klar. Es gehe daher zunächst nur darum, Bewusstsein zu schaffen für Gefahren des Drogenkonsums.
Insgesamt 60 Aktionen sind in diesem Jahr geplant. Die Kosten des Gesamtprojekts betragen rund 160.000 Euro. Ein Teil des Geldes fließt dabei auch in seine wissenschaftliche Begleitung.
CHRISTIAN STEIGELS