Die Umweltlobby schlägt zurück

Dem Angriff der Stromkonzerne auf die bisherige Förderung von Ökostrom pariert der Bundesverband Erneuerbare Energien zusammen mit der Nord-CDU. Das Quotenmodell bedrohe Jobs sowie technologischen Vorsprung und verteuere den Strom

AUS BERLIN HANNES KOCH

Diesen Angriff will die Ökostrom-Lobby zusammen mit der CDU zurückschlagen. Als „Attacke auf Arbeitsplätze und Mittelstand“ bezeichnete der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) gestern die Aktionen der Gegenseite. Dort stehen die großen Stromkonzerne wie Eon und RWE, die das rot-grüne Gesetz zur Förderung des Ökostroms abschaffen wollen (taz vom 6. Juni 2005).

Nicht nur der BEE, auch die CDU-Regierung von Schleswig-Holstein will das rot-grüne Gesetz jedoch behalten. „Aus Sicht der Landesregierung ist an den bewährten Grundlagen und Regelungsansätzen zur Förderung erneuerbarer Energien festzuhalten“, erklärt ein Sprecher von Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU). Und weiter: „Das VDEW-Konzept ist nicht geeignet, den Anteil Erneuerbarer Energien in der EU zielgerecht zu erhöhen.“

Ähnlich wie die Union in Kiel sieht auch Johannes Lackmann, Präsident des BEE, im Vorstoß des VDEW einen Versuch die junge, prosperierende Ökostrom-Branche kaputtzumachen. Nicht nur würden Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt, sondern der technische Vorsprung deutscher Unternehmen in Frage gestellt. „Außerdem würde es für die Verbraucher teurer“, so Lackmann.

Morgen stellt der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), dessen Politik die Konzerne bestimmen, seine Forderungen für die Zeit nach der Bundestagswahl im September vor. Der VDEW verlangt, zentrale Punkte des Ökostrom-Gesetzes zu ändern. Zurzeit müssen die Konzerne allen Strom aus Wind, Sonne und Biomasse zu festgelegten Preisen kaufen. Der Marktanteil der Ökoenergie hat bereits zehn Prozent erreicht. Das ärgert die großen Produzenten, denn den neuen Markt bedienen vor allem mittelständische Konkurrenten, Bauern und Eigenheimbesitzer.

Der Vorschlag des VDEW ist daher so schlicht wie wirkungsvoll: Erstens soll eine Obergrenze eingeführt werden, damit die Menge an Ökostrom nicht ständig zunimmt. Zweitens sollen die Garantiepreise durch eine Preisbildung an der Börse ersetzt werden, damit die Konzerne ihre Verhandlungsmacht besser zur Geltung bringen können.

Die Öko-Lobby trat gestern in Berlin an, um zu erklären, was das bedeuten würde. „Das Risiko einer Investition nimmt zu – auch für die Banken“, erläuterte Gerhard Falkenstein von der Deutschen Kreditbank AG. Wenn die Garantiepreise durch ein Modell mit schwankenden Börsenpreisen ersetzt würden, seien die Profite schwerer planbar. Banken vergäben weniger Kredite für neue Wind-, Sonnen- und Biomasse-Kraftwerke, und gerade kleine Investoren verzichteten auf den Bau von Anlagen, weil das Risiko nicht zu überschauen sei. Im Ergebnis käme es zu einem Rückzug des Mittelstandes, und auch das Feld der neuen Energien würden dann wieder die regionalen Strommonopolisten beackern, prognostizierte Dieter Attig von den Stadtwerken Aachen. Dieses kommunale Unternehmen ist zwar auch Mitglied des VDEW, nimmt dort aber eine konträre Position ein.

Der BEE argumentiert, dass sich das gegenwärtige deutsche Fördersystem auch mit Blick ins Ausland durchaus bewährt habe. Ähnlich wie Dänemark und Spanien, wo es ähnliche Gesetze gibt, seien deutsche Unternehmen Exporteure von Technologie. Das rot-grüne Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müsse man deshalb als ökonomische Erfolgsstory betrachten, sagte BEE-Präsident Lackmann. Im Gegensatz zu einem Quotensystem, wie es in Großbritannien praktiziert wird, seien die Kosten in Deutschland geringer.

Die Bundes-CDU hat ihre Haltung zum Ökostrom noch nicht festgelegt.