: Warten auf die Schäfchenwolken
Unser Gemüt ist ein Spiegelbild des Wetters – leider. Denn die „Schafskälte“ macht dem jungen Sommer den Garaus
Wie geht’s heute? – Durchwachsen? Eher wolkig als heiter? Könnte am Wetter liegen. Denn das schlägt bekanntlich aufs Gemüt. Am vorletzten Wochenende sah die Welt noch ganz anders aus: blauer Himmel über Berlin, strahlende Gesichter auf den Straßen. Der Sommer hatte Einzug gehalten, und das wurde gebührend gefeiert. Unter kalten Duschen im Freibad, mit gegrillten Würstchen auf der Wiese im Park und bei Bier im Biergarten. Doch die vermeintliche Großwetterlage währte nicht lange; der Regen kam wieder. Wie niederschlagend.
Astronomisch gesehen jedoch kein Grund zur Beunruhigung: Kalendarisch betrachtet hat der Sommer ja noch gar nicht begonnen. Jahreszeitenwechsel ist am 21. Juni, dem Tag der Sommersonnenwende. Für die Meteorologen ist heute zwar schon der achte Tag dieses Sommers, aber auch sie können Schwarzwolkenseher beschwichtigen: Eine kühle erste Junihälfte ist für sie ein altbekanntes Phänomen. „Schafskälte“ nennen es die Wetterkundler. Statistisch gesehen handelt es sich um einen Witterungsregelfall, der in den besten Jahren vorkommen kann. Die Schafskälte stellt sich zumeist nach einer Schönwetterperiode ein und ist quasi mit dem indischen Monsun vergleichbar – zum Glück natürlich nur ganz entfernt. Ganz so nass werden die BerlinerInnen nicht. Und zu frieren, wie die armen Schafe, die hierzulande um diese Zeit schon geschoren sind, braucht auch niemand.
Tröstet all das darüber hinweg, das es in den nächsten Tagen ganz unsommerlich kühl bleiben soll? Das ist doch, als hätte man nur einmal an einem wunderbaren Schokoladeneis lecken dürfen – da will man doch mehr! Aber wir müssen uns eben gedulden. Heute bleibt es bei höchstens 13 Grad wechselhaft. Das morgige Wetter erinnert dann fast schon wieder ans Schokoeis, schmeckt mit bis zu 20 Grad aber höchstens wie eine Tasse Kakao.
Bis es wieder wirklich warm wird, könnte man sich die Zeit mit Wolkenlesen vertreiben: Kleine Schäfchenwolken kündigen warmes Wetter an; große Haufenwolken, die aufsteigen, bringen Regen. Aber was macht man bloß, wenn sich der Himmel in einem so tristen Einheitsgrau zeigt wie jetzt? Da sind weder Wolken noch Himmel zu erkennen.
Es gibt einen Hoffnungsstreif am trüben Horizont: Am 27. Juni ist Siebenschläfertag. Und der ist bekanntlich für das Wetter des restlichen Jahres von großer Bedeutung. Wenn dann endlich wieder Sonne und T-Shirt-Temperaturen zusammenkommen, ist uns der Supersommer sicher.
Dafür ertragen wir bis zum Lostag dieses Grau in Grau und malen Wölkchen auf die Schreibtischunterlage – aber halt! Nur die kleinen Schäfchenwolken, die Schönwetter machen, und nicht zu viele, sonst gibt’s Regen. Oder noch besser: Wir kaufen uns einfach ein wunderbares Schokoladeneis. Und wenn dann jemand fragt, wie’s so geht, sagen wir einfach: Alles eitel Sonnenschein. KATHI PREPPNER