: Böger diszipliniert kritische Schulleiter
Die Bildungsverwaltung leitet Disziplinarverfahren gegen fünf Schulleiter ein, die sich öffentlich über fehlendes Geld und Personal an ihren Schulen beklagt haben. Der Hintergrund: ein vom SPD-Senator verhängter Maulkorberlass
Bildungssenator Klaus Böger (SPD) will kritische Stimmen in der Lehrerschaft zum Schweigen bringen. Seine Verwaltung hat jetzt Disziplinarverfahren gegen fünf Leiter von Oberstufenzentren eingeleitet, weil sich diese öffentlich über den Geld- und Personalmangel an ihren Schulen beklagt hatten. Die Berliner Morgenpost hatte im September über die Kritik der Schulleiter berichtet. Die Begründung der Verwaltung: Die Beamten stünden in Verdacht, mit ihrem Verhalten gegen dienstliche Anordnungen und ihre Wohlverhaltenspflicht verstoßen zu haben. Den Schulleitern drohen nun Sanktionen, die vom Verweis über eine Kürzung der Bezüge bis zur Dienstentfernung reichen.
Bereits im Jahr 2003 hatte Böger einen so genannten Maulkorberlass für LehrerInnen verhängt, Anfang dieses Jahres war diese Regelung auch auf SchulleiterInnen ausgedehnt worden (siehe Kasten). Darin wird den PädagogInnen untersagt, direkt mit den Medien zu sprechen. Ausnahmen sind SchulleiterInnen nur erlaubt, wenn es um Themen geht, „die ausschließlich in den eigenen Verantwortungsbereich fallen“. In allen anderen Fällen – und dazu gehören alle strittigen Fragen – muss der Pressesprecher des Senators hinzugezogen werden. Im Mai hatte Böger in einem Lehrerbrief alle PädagogInnen noch einmal eindringlich auf diese Vorschrift aufmerksam gemacht.
Nach Angaben der Bildungsgewerkschaft GEW hat es bereits in Einzelfällen Disziplinarverfahren gegeben. „Das ist aber der erste größere Konflikt, seitdem es diesen Maulkorberlass gibt“, sagt GEW-Sprecher Peter Sinram. Die Gewerkschaft ist über das Demokratieverständnis von Bildungssenator Böger empört. „In einer demokratischen Schule muss man sich frei äußern dürfen“, sagt Sinram. „Sonst steht diese nur auf dem Papier.“ Ähnlich äußerten sich gestern auch die FachpolitikerInnen von Grünen und FDP. Das Verhalten von Bildungssenator Böger sei „zutiefst undemokratisch“, kritisierten Özcan Mutlu (Grüne) und Mieke Senftleben (FDP) übereinstimmend.
Die GEW hält die Vorwürfe gegen die Schulleiter andererseits für „lächerlich und juristisch nicht haltbar“. Denn alle fünf Schulleiter, so GEW-Sprecher Sinram, seien Mitglieder der Vereinigung der Leitungen Berufsbildender Schulen. Zu den Aufgaben des Verbandes gehöre es, auf Defizite hinzuweisen.
In der Bildungsverwaltung sieht man das ganz anders. „Bei Äußerungen von Beamten muss sehr genau getrennt werden zwischen Verbands- beziehungsweise Parteizugehörigkeit und amtlicher Eigenschaft“, so Bögers Sprecher Jens Stiller. „Ein Beamter ist aus Loyalitätsgründen gehalten, sich direkt mit seinem Dienstherrn auseinander zu setzen und nicht über den Umweg über die Medien.“
SABINE AM ORDE