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Archiv-Artikel

Australien macht Kohle mit Erdgas

ENERGIE In Australien darf in den nächsten 20 Jahren eine der größten Gasreserven der Welt erschlossen werden. Umweltschützer sind wütend, weil sie dadurch ein Naturschutzgebiet gefährdet sehen

CANBERRA taz | In Australien wird ein gigantisches Erdgasprojekt verwirklicht. Der australische Umweltminister Peter Garrett hat am Mittwoch grünes Licht dafür gegeben, dass der amerikanische Ölkonzern Chevron in den nächsten 20 Jahren vor der nordwestaustralischen Küste Erdgas im Gesamtwert von über 42 Milliarden US Dollar fördern darf. Der Brennstoff soll auf der Barrowinsel verflüssigt und in Tankschiffen in alle Welt verfrachtet werden.

Vergangene Woche hatte die australische Regierung mit dem staatseigenen chinesischen Konzern PetroChina einen Vertrag über die Abnahme von Gas im Wert von über 40 Milliarden US-Dollar unterzeichnet. Der Rekordvertrag folgte dem Abschluss einer ähnlichen Abnahmevereinbarung mit Indien im Wert von 21 Milliarden US-Dollar. Chevron arbeitet im Gebiet Gorgon mit Shell und ExxonMobil zusammen. Die beiden Partner sind mit je 25 Prozent beteiligt. Laut Chevron sollen pro Jahr 15 Millionen Tonnen flüssiges Erdgas produziert und 6.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.

Dass die Regierung die Abnahmeverträge noch vor dem Entscheid des Umweltministers bekannt gegeben hatte, ist von Kritikern als Zeichen dafür gewertet worden, dass das Projekt „beschlossene Sache“ sei. Peter Garrett wies diesen Vorwurf am Mittwoch zurück. Er habe das größte einzelne Rohstoffprojekt der australischen Geschichte „unter Auflagen“ bewilligt. Das Vorhaben werde bedrohte Tierarten auf der Barrowinsel nicht gefährden, obwohl es sich um ein Naturschutzgebiet handelt. Umweltverbände zeigten sich empört über den Entscheid. Sie forderten, die Gasverflüssigungsanlage solle auf dem Festland gebaut werden, nicht auf der ökologisch fragilen Insel.

Auch äußerten Experten Zweifel an der Sicherheit der geplanten Abspaltung von CO2-Gas, das bei der Produktion des Erdgases entsteht. Nach Plänen von Chevron sollen pro Jahr 3,5 Millionen Tonnen dieses klimaschädigenden Stoffes im Gestein 2.000 Meter tief unter der Insel endgelagert werden. Laut Medienberichten kam jedoch eine Expertenkommission zu dem Schluss, dass die Felsformationen unter der Barrowinsel nicht hundertprozentig gasdicht sei. Damit sei es nicht auszuschließen, dass Kohlendioxid durch Risse im Gestein entweichen könnte. Eine Sprecherin des Orgon-Projekts meinte diese Woche, eine solche Situation sei „unwahrscheinlich“.

Mehrere australische Umweltverbände kritisieren die CO2-Abspaltung als eine „unausgereifte Technologie“, die frühestens in 20 Jahren kommerziell eingesetzt werden könne. Australien investiert mehrere Milliarden Dollar in die Forschung und Entwicklung der Technologie. Canberra hofft, bei der Verbrennung von Kohle entstehende Schadstoffe auf diese Weise entsorgen zu können.

Kohle ist das wichtigste Exportprodukt Australiens. Über 80 Prozent seines Stroms produziert das Land mit dem Verbrennen von Kohle. URS WÄLTERLIN