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Archiv-Artikel

Freie Bahn für Ausweitung des CIA-Drohnenkriegs im Jemen

USA Neue Direktive erlaubt der CIA, „Verdächtige“ zu töten, die namentlich nicht einmal bekannt sind

Obama hat „nie den Rahmen für Drohnen-Einsätze definiert“

ANDREA PRASOW, HRW

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

US-Präsident Barack Obama eskaliert den nicht erklärten Krieg im Jemen: Künftig darf der US-Geheimdienst CIA dort die Drohnenangriffe intensivieren. Nachdem bislang nur Drohnenschläge gegen namentlich bekannte Personen zugelassen waren, lässt das Weiße Haus künftig auch „signature strikes“ zu: Schläge gegen Personen, die in Washington nicht unbedingt namentlich bekannt sind, aber verdächtig erscheinen, an „Komplotten gegen die Sicherheit der USA“ beteiligt zu sein.

Gleich in der ersten Woche der neuen Regel töteten die USA im Jemen mit Hilfe von Drohnen mehrere Aufständische, die zu al-Qaida gehören sollen. Damit erhöht sich die Zahl der Drohnenanschläge im Jemen auf dreizehn in den ersten vier Monaten dieses Jahres. Im vergangenen Jahr hatten die USA zehn Drohnenangriffe im Jemen geflogen.

Mehrere US-Medien – als Erstes das Wall Street Journal – berichten, dass Obama mit der neuen Regel der „signature strikes“ Forderungen von CIA-Direktor David Petraeus entgegengekommen sei. Eine offizielle Bestätigung aus dem Weißen Haus oder der CIA über die Intensivierung des Drohnenkrieges gibt es nicht. Es gehört zu den Besonderheiten von Drohneneinsätzen, dass sie nirgends nachvollziehbar diskutiert werden.

Andrea Prasow von der Human-Rights-Watch-Gruppe in den USA spricht von einem „frustrierenden Mangel an Transparenz“. Sie sagt, die US-amerikanische Öffentlichkeit habe ein Recht, zu erfahren, was in ihrem Namen geschieht. Sie beklagt, dass Obama „nie den juristischen Rahmen für Drohneneinsätze definiert hat“ sowie dass die CIA grundsätzlich keine Auskunft erteile.

In den ersten vier Monaten 2012 griffen die USA 14-mal mit Drohnen im Jemen an

Den ersten Drohnenschlag dieser Woche gab am Dienstag die jemenitische Botschaft in Washington bekannt. Erst nachdem sie erklärt hatte, ein „militanter Konvoi“ sei aus der Luft angegriffen und der angebliche Top-al-Qaida-Mann, Mohammed al-Umda, sowie zwei weitere Personen seien getötet worden, bestätigten US-Offizielle, dass es sich um einen Drohneneinsatz gehandelt habe.

Die Drohnenanschläge werden vorab zwischen US-Behörden und jemenitischen Behörden abgestimmt. Sie können sich auch gegen US-Staatsangehörige richten. Das erste Mal geschah dies Ende September vergangenen Jahres, als der US-amerikanisch-jemenitische Imam Anwar al-Awlaki in Jemen aus einer Drohne getötet wurde. Wenige Tage danach tötete ein anderer US-Drohneneinsatz auch seinen 16-jährigen Sohn Abdul Rahman al-Awlaki.

In den USA sind Drohnenschläge in der Regel nur Kurzmeldungen. Meist kommen darin nicht einmal die Namen der Opfer vor. Auch die Erlaubnis für „signature strikes“ machte keine großen Schlagzeilen. Doch in der Linken regt sich Kritik am „sauberen“ Krieg der Drohnen. Zum einen argumentieren Kritiker, dass die Luftschläge auch Unbeteiligte töten und dass sie der Terrororganisation al-Qaida zu neuer Sympathie bei der betroffenen Bevölkerung und zu neuem Zulauf verhälfen. Außerdem bestreiten sie, dass Präsident Obama das Recht hat, ohne Konsultation des US-Kongresses Drohneneinsätze zu verfügen. „Er bricht die Barriere, die der Kongress errichtet hat, um einen endlosen Krieg gegen den Terror zu verhindern“, schrieb der Yale-Professor Bruce Ackerman in der Washington Post.