: Kampf ums Gymnasium
Verkehrte Welt: In Osdorf zieht die CDU mit ihren Plänen für eine Kooperative Schule den Elternzorn auf sich. Entscheidung nächste Woche
von Kaija Kutter
Erkenntnisse aus Bildungsstudien lassen sich nicht mit der Brechstange durchsetzen. Das ist das Fazit einer lebhaften Diskussion, der sich der CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann und Schulaufsichtsleiter Norbert Rosenboom am Dienstagabend am Gymnasium Osdorf stellten. Die Schule soll, wie im Dezember überraschend verkündet, mit den Nachbarschulen Goosacker und Wesperloh zu einer „Kooperativen Schule“ zusammengelegt werden. Eltern, Lehrer und Schüler lehnen das ab.
„Warum nehmen Sie uns unsere Zukunft?“, fragte ein Schüler. Firmen bevorzugten nun mal das Gymnasial- vor dem Gesamtschulabi, „das ist so und war immer so“. Dieser Schüler, so erklärte flugs sein Lehrer, werde „an dieser Schule nicht mehr sein Abi machen“. Würde das Gymnasium Osdorf Kooperative Schule, würden „etliche Schüler diese Schule verlassen“ und für Gymnasien empfohlene Kinder „gar nicht erst angemeldet“, ergänzte Schulleiterin Heidrun Susat. „Wir wollen unser Gymnasium behalten, damit wir nicht ein Stadtteil zweiter Klasse werden“, so Elternrätin Carina Albers. Sie fragte in Anspielung auf Blankenese: „Warum suchen Sie nicht im Westen eine Schule für Ihre Pläne?“
Heinemanns Einlassung, man habe Osdorf gewählt, weil es ein „sozial erfahrener Stadtteil“ wäre, ein Stadtteil, „wo es elitäres Denken gibt“, böte sich hingegen nicht an, erntete nur ein kollektives „Uähhhh!“ aus dem Saal.
Auch Heinemanns Zitat aus den Lernausgangsuntersuchungen (LAU), wonach die Aufteilung der Kinder schon nach Klasse 4 in Frage steht, weil die Gymnasialempfehlung „stark von sozialen Kriterien geprägt ist“ und ein sozial schwächerer Schüler „bessere Leistungen erbringen muss, um diese zu bekommen“, wurde vom Publikum mit einem „Unsinn!“ quittiert. Sie habe mit Gymnasiallehrern der 5. Klassen gesprochen, „da kommen die Kinder, die wir empfohlen haben, meistens sehr gut zurecht“, hielt eine Grundschullehrerin dagegen. Darauf Heinemann: „Wir sollten nicht nur auf das Vertrauen, was wir empfinden.“
Als Lehre aus LAU hat die CDU nun die Kooperative Schule als Zukunftsmodell erkoren, weil es die Schüler erst nach Klasse 6 nach Schulformen aufteilt und auch danach Durchlässigkeit ermöglicht. Diese Schule, so hatte Staatsrat Reiner Schmitz den Eltern im Dezember wohl versprochen, werde nur gebildet, wenn vor Ort alle einverstanden seien. Ob das noch gelte, fragte eine Mutter. Wenn dies so gefallen sei, sei das „sehr unglücklich“, so Heinemann: „Auch Herr Schmitz ist nicht allein auf der Welt.“
Aktueller Stand der Behörde sei, referierte Rosenboom, dass die von den drei Schulen genannten Gründe für eine Ablehnung in der Vorlage für die Deputationsentscheidung am 15. Juni „zurückgewiesen“ und die Schulen unter eine Leitung gestellt werden. Die Behörde ist aber bereit, die Ursprungsidee stark zu verwässern: So dürften die Schulen weiter schon in Klasse 5 und 6 in einem Haupt- und Realschul- und einem Gymnasialzweig getrennt unterrichten. Danach solle per Test gesichtet werden, wer überwechseln kann.
Ob das eine Lösung wäre, wurde Schulleiterin Susat gefragt. „Eindeutig nicht“, sagte diese. „Wir wollen ein eigenständiges Gymnasium bleiben.“