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Archiv-Artikel

Der dribbelnde Irrwisch

Angetrieben von ihrem unermüdlichen Spielmacher Pascal Roller, entscheiden die Opel Skyliners Frankfurt das Halbfinale um die Deutsche Basketballmeisterschaft gegen Alba Berlin für sich

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Alba Berlin ist immer noch der populärste Club in der Basketball-Bundesliga, das zeigen die Zuschauerzahlen. Die Zeiten, in denen das Team aus der Hauptstadt die Bundesliga beinahe nach Belieben dominieren konnte, gehören nun jedoch endgültig der Vergangenheit an. Der amtierende Meister Opel Skyliners Frankfurt hat am Dienstag die vierte Partie des Play-off-Halbfinals um die deutsche Meisterschaft mit 70:68 gewonnen und mit seinem dritten Sieg die Best-of-five-Serie für sich entschieden. Der frühere Abonnementmeister aus Berlin kann nun nicht länger davon sprechen, dass das Halbfinalaus im Vorjahr nur ein Ausrutscher war. Der Basketball in Deutschland ist dabei, sich neu zu ordnen.

Schon während der Saison war deutlich geworden, dass es in Deutschland nicht mehr nur ein oder zwei Spitzenmannschaften gibt. Die Leistungsdichte ist größer geworden. Auch die beiden Halbfinalisten aus Frankfurt und Berlin liegen von ihrem Leistungsvermögen her eng beieinander. Und auch wenn Alba-Trainer Henrik Rödl das Ausscheiden als „unglücklich“ bezeichnet hat, so hat sich doch die Mannschaft durchgesetzt, die im direkten Vergleich den besseren Basketball gespielt hat. Zwei völlig unterschiedlich agierende Mannschaften standen sich gegenüber. Auf der einen Seite die Berliner, die den Ball zumeist in aller Ruhe nach vorne tragen, nach festgelegtem System ihre Angriffe zu Ende spielen und darauf vertrauen, dass Center Jovo Stanojevic unter dem Korb des Gegners seine gefürchtete Dominanz aufbaut. Die Frankfurter treten da ganz anders auf. Ihr Spiel ist schneller, bietet mehr Überraschungen, ist athletischer als das der Berliner.

Vor allem Spielmacher Pascal Roller wirbelt über den Platz wie ein Irrwisch. Wenn er einmal keine Anspielstation sieht, dribbelt er sich im Hochgeschwindigkeitstempo durch die gegnerische Verteidigung, so lange, bis er endlich jemanden gefunden hat, dem er den Ball zustecken kann. Findet er niemanden, wirft er selbst auf den Korb – nicht selten erfolgreich. Seine Spiellaune wirkt offenbar ansteckend auf seine Kollegen. Sie sind auf ihn angewiesen. Roller bekommt kaum eine Verschnaufpause. Während die anderen Spieler sich immer wieder einmal auf der Bank ausruhen können, spielt Roller in den wichtigen Partien beinahe durch. Und während bei anderen die Akkus mit zunehmender Spieldauer leerer werden, geben seine Batterien immer noch genug Energie ab. Doch es ist nicht Roller alleine, der für die Frankfurter Erfolge steht. Mit Chris Williams und Tyron Ellis verfügen die Frankfurter über zwei weitere herausragende Spieler. Die waren von den Berlinern oft nur mit Fouls zu stoppen. In den beiden letzten Halbfinalpartien waren etliche Alba-Spieler früh mit drei Fouls belastet. Auch das ein Grund dafür, dass die Berliner gehemmter agierten als ihre Gegner.

Am Ende wurde die Serie durch zwei knappe Siege für Frankfurt entschieden. Dass es überhaupt so eng wurde, lag zwar auch an den Berliner Bemühungen, vor allem aber an der Nachlässigkeit des Meisters. Alba konnte immer wieder dann Anschluss finden, wenn sich Frankfurt auf einem Vorsprung ausruhte und ein wenig locker ließ. So schmolz am Dienstag sogar einmal ein 19-Punkte-Vorsprung zusammen. Doch der Meister konnte sich jedes Mal wieder rechtzeitig berappeln. „Wir hatten in beiden Spielen das Glück in den letzten Sekunden“, kommentierte Sieger-Coach Murat Didin nach dem Finaleinzug die zwei knappen Siege. Er sagte aber auch: „Es war keine Überraschung, dass wir gewonnen haben, sondern wir waren das bessere Team.“ Recht hat er.

Henrik Rödl trauerte den vergebenen Chancen in den Schlusssekunden der beiden letzten Partien nach, war dementsprechend enttäuscht. Auch brachte er noch einmal die Sprache auf die Dopingsperre eines seiner Spieler: „Ich hätte mir gewünscht, mal Michael Wright gegen Chris Williams zu sehen.“ Das klingt ein wenig nach Verbitterung. Vielleicht ist es auch Ratlosigkeit. Denn mit dem Ausscheiden in der Meisterschaft, hat Alba auch das letzte Saisonziel verfehlt. Nach dem frühen Aus im europäischen Uleb-Cup und der Niederlage im Pokalviertelfinale wurde es auch mit dem Titel nichts. Alba ist ein stinknormales Bundesligateam geworden. Ein Gedanke, an den man sich nur schwer gewöhnen wird in Berlin. Zunächst muss die Mannschaft für die neue Saison zusammengezimmert werden. „Jetzt steht uns ein längerer Sommer als geplant bevor“, meinte Team-Manager Henning Harnisch. Und dann kann es doch nur wieder die gleichen Ziele geben wie in diesem Jahr. Zweite Runde im Uleb-Cup, Pokalsieg und Meisterschaft.

In diesem Jahr treffen nun Frankfurt und GHP Bamberg, das am Dienstag in Gießen seinen dritten Halbfinalsieg (88:56) feiern konnte, aufeinander. Dieselben Teams wie im Vorjahr – ein stinknormales Finale also.