meinungsstark:
Schlag auf Schlag …
„Ein Gegenschlag ist fast die einzige Wahl“, taz vom 10. 10. 23
Liebe taz, ich schätze euch wirklich sehr und eure wirklich guten Analysen, die eben oft so gut sind, weil sie sich von anderen unterscheiden. Aber wie könnt ihr einen derartigen Quatsch publizieren, dass der Gegenschlag Israels einzige Alternative ist – wenn ihr vorher analysiert, dass der seit 70 Jahren unlösbare Konflikt mit voller Härte wieder da ist? Gegenschläge sind genau das, was wir schon seit 70 Jahren sehen – ohne eine Lösung des Konflikts. Das Einzige, was jetzt helfen würde, ist Zurückhaltung, Rückkehr zu einem echten Friedensprozess und der Gründung eines palästinensischen Staates unter Ausschluss der Hamas, mit deren strafrechtlicher Verfolgung als Bedingung. Wer in Gaza, der Westbank, in den Flüchtlingslagern ist, wird niemals das vergessen können, was jetzt gerade in Gaza passiert. Florian Kitt, Tbilisi, Georgien
Zeigt sich Solidarität auf der Straße?
„Uns doch egal. Pro-Israel-Demonstrationen: Die Solibekundungen der Deutschen für Israel sind im Vergleich zum Ukrainekrieg dürftig. Die eigentliche Prüfung steht noch bevor“, taz vom 16. 10. 23
Die Zahlen sprechen für sich, aber nicht immer spiegeln sie die Realität(en) genügend wider: wenn Menschen in Deutschland nicht auf die Straße gehen, dann heißt das nicht unbedingt, dass es an Solidarität mit Israel, mit der jüdischen Bevölkerung mangelt. Zumindest nehme ich weder in meinem persönlichen Umfeld, noch in den Leitartikeln anderer überregionaler Medien solche Abgrenzungen wahr, sondern Anteilnahme und Betroffenheit.
Ihre Vermutung („Es scheint, bitte entschuldigen Sie die Wortwahl, als ginge der Krieg um Israel den in Deutschland lebenden Menschen egal welcher Couleur am Arsch vorbei.“) ist meines Erachtens von einer bestimmten Erwartung bestimmt, sie erscheint grob, aus einem möglicherweise überheblichen Habitus.
Anstelle von Gleichgültigkeit und Lippenbekenntnissen ist es doch möglich, wahrscheinlich, dass Gefühle des Entsetzens, der Trauer, von Ohnmacht vorherrschen. Diese Gefühle können meines Erachtens nicht so leicht auf die Straße gebracht werden. Andrea Knierim, Buckow
„Das Potenzial eines Weltenbrandes“
„die dritte meinung: Bei diesem Krieg geht es um Israels Existenz, doch es muss Stärke demonstrieren, sagt Miriam Dagan“, taz vom 17. 10. 23
Liebe tazler, sehr gut finde ich es ja, dass auch ganz andersgeartete Meinungen in der taz abgedruckt werden. Die Darstellung von Miriam Dagan stellt sich für mich allerdings als ausgesprochen einseitig da und hinterlässt – bei allem Verständnis für die unglaubliche persönliche Tragik vieler Israelis – doch Verständnislosigkeit. Im Vorfeld des wohl nicht mehr zu verhindernden Einmarsches der israelischen Armee in den geschundenen Gaza-Streifen steht man fassungslos vor der dramatischen Entwicklung. Die blutrünstige, widerwärtige Orgie, die die verblendete Mörderbande der Hamas am 7. Oktober angerichtet hat, führt zu einem von Hass und Vergeltung, von Schmerzen und Leid verzerrten Gesicht der israelischen Gesellschaft. Und doch dürfen die persönlich nachvollziehbaren Gefühle von Hass und Vergeltung niemals und unter keinen Umständen das Handeln eines Staates bestimmen.
Denn was wir gerade erleben, birgt, zusammen mit der Vielzahl anderer Konfliktherde, das Potenzial eines Weltenbrandes in sich, eines alles verzehrenden Krieges. Und bei allem Mitgefühl für die grauenhaften Geschehnisse in Israel habe ich genauso tiefes Mitgefühl mit den fast zweieinhalb Millionen Palästinensern, die auch Geiseln der Hamas-Killerbande sind und nicht kollektiv für die brutalen Überfälle in Haftung genommen werden dürfen.
Ein Israeli hat es in einem Video gerade so formuliert: „Mein geliebter Bruder wurde von hasserfüllten Terroristen ermordet – aber diejenige, die ihnen die Tür geöffnet hat, ist unsere ultrarechte israelische Regierung“. Torsten Block, Preetz
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