: Mongolische Kultur im märkischen Sand
Über 3.000 Studenten aus der Mongolei leben in Berlin: Hierher zu kommen, ist für sie schwierig, weil sehr teuer. Immerhin gibt es einige kulturelle Treffpunkte. Dondog Batjargal und Helmut Höge über die mongolische Szene
Eine neue Ausländergruppe braucht für gewöhnlich einige Jahre, um sich in einer Stadt eine eigene Infrastruktur zu schaffen. Bei den Mongolen in Berlin nahm dies ab 1997 zunächst einen stürmisch-optimistischen Verlauf. Aber nun stagniert die Entwicklung – obwohl der Bundeskanzler der mongolischen Regierung Ende 2004 noch einmal versprach, sich höchstpersönlich für mehr mongolische Studenten in der Bundesrepublik und einen regeren Wirtschaftsaustausch einzusetzen (wie es die DDR in fast vorbildlicher Weise getan hatte). Zwar gibt es hier zurzeit immer noch über 3.000 mongolische Studenten und etwa ein Dutzend Geschäftsleute, aber in den Sprachkursen zur Vorbereitung auf das Studium ist die Zahl der Mongolen stark rückläufig.
Zum einen liegt das an den hohen Studiengebühren, die sie ab 2007 zahlen müssen, zum anderen daran, dass die alte kommunistische Elite in der Mongolei zwar großenteils Deutsch (und Russisch) spricht, aber die junge neue Englisch bevorzugt. So zieht es auch die Studenten vermehrt an US-amerikanische Unis. Daneben lernen immer mehr Mongolen Japanisch. Und ganz im Gegensatz zu Deutschland werden für sie in den USA und in Japan auch zunehmend Visaerleichterungen geschaffen.
Über kurz oder lang wird Deutschland für asiatische Studenten überhaupt uninteressant sein. Das hat auch mit der wirtschaftlichen Situation und der allgemeinen Verteuerung zu tun. So dürfen die Mongolen hier während ihres Sprachkurses nicht arbeiten, was in Japan und Amerika kein Problem ist. Zudem müssen die angehenden Studenten mit ihrem Visaantrag 6.600 Euro bei der deutschen Botschaft hinterlegen. Wenn sie dann in Berlin sind, bekommen sie davon jeden Monat 550 Euro auf ihr Konto überwiesen – als Lebensunterhalt.
Inzwischen sind auch mehrere kleine Existenzgründungen gescheitert: so machten etwa der „Gobi-Club“ am Tempelhofer Ufer und die Kneipe „Tsetsee Gun“ in der Müllerstraße wieder dicht. Dafür organisierten aber vier Studenten, die dem Jugendverband „Mongolische Zukunft“ angehören, einige größere Veranstaltungen für die hiesige Szene: Im Februar fand in der evangelischen Kirche am Hohenzollernplatz eine „Mongolian Mega Night“ statt anlässlich des „Weißen Monats“, dem Jahreswechsel in der Mongolei. Im April traten am selben Ort der Sänger D. Jargalsaikhan der Softrockgruppe „Chinggis Khaan“ und die berühmte Popsängerin B. Sarantuya auf. Sie wechselten sich auf der Bühne ab. Die beiden Musiker befanden sich auf einer Europa-Tournee, wo sie für die mongolischen Communities aufspielten – neben Berlin noch in München, Prag, Budapest, London, Dublin, Stockholm und Warschau.
Sarantuya lebte einige Jahre in Berlin und jetzt mit ihrem Sohn in Singapur, wo sie sich ein Studio einrichtete. Jargalsaikhan ist nebenbei noch Präsident des mongolischen Sänger-Verbands; nach seinen Auftritten signierte er sein neuestes Buch „Ewige Melodien“ über die Geschichte der mongolischen Popmusik seit 1968, die mit den Gruppen „Soyol-Erdene“ (Kulturschatz) und „Bayan Mongol“ (Reiche Mongolei) begann.
Mitte April fand in einem Jugendclub in der Mohrenstraße eine „Mongolian Dance-Night-Party“ statt – zum Abschluss eines in der Mongolei und jetzt auch hier regelmäßig stattfindenden Studenten-Sportwettbewerbs in den Disziplinen Tischtennis, Basketball und Schach.
Soeben wurde der neue Botschafter der Mongolei in Deutschland vom Parlament ernannt: Er heißt Tuvdendorj Galbaatar und war zuletzt Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften. Sein Vorgänger Dender Terbishdagva war zuvor mit einer ebenso großen wie üppigen Feier im Schloss Niederschönhausen verabschiedet worden. Er ist jetzt zu Hause Parlamentsmitglied und Landwirtschaftsminister. Eine weitere Feier fand am 15. Mai im Restaurant „Chinggis“ in der Bornholmer Straße statt – anlässlich der Internationalen Tourismusbörse, zu der Vertreter von zwölf mongolischen Reisebüros angereist waren.
Der Mongolist Udo Haase als Amtsdirektor von Schönefeld bemüht sich um eine Vertiefung der deutsch-mongolischen Freundschaft, indem er zu allen mongolischen Festen Veranstaltungen in seinem Amtsbezirk organisiert. Daneben initiierte er noch eine Partnerschaft zwischen der Großgemeinde Schönefeld und dem Stadtbezirk Bajangol von Ulaanbaatar. Er setzte sich auch dafür ein, dass ein „Bajangol-Park“ in Schönefeld angelegt wurde und die mongolische Fluggesellschaft dort ihre Europa-Zentrale errichtete. Am 11. und 12. Juni findet im Ortsteil Waßmannsdorf ein „Deutsch-Mongolisches Volksfest“ statt.