: „Nur 20 Prozent werden überleben“
Lediglich ein kleiner Teil der Schülerläden kann ab dem kommenden Schuljahr mit Grundschulen kooperieren, sagt Roland Kern vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden (DaKs). Die meisten anderen werden dichtmachen
taz: Wie viele Schülerläden werden die Umstrukturierung der Nachmittagsbetreuung für die Grundschüler überleben?
Roland Kern: Vielleicht 20 Prozent der Schülerläden, das sind 40 bis 50 Läden. Sie arbeiten künftig mit einer Grundschule zusammen. Insgesamt sind etwa 15 bis 20 Grundschulen eine Kooperation eingegangen.
Nicht viele, wenn man bedenkt, dass es über 400 Grundschulen in der Stadt gibt. Wie wird künftig der Alltag in diesen Läden aussehen?
Das ist schwer zu sagen, weil die Kooperationen zwischen den Schulen und den Schülerläden sehr unterschiedlich sind. In einigen Fällen übernehmen Schülerläden die gesamte Nachmittagsbetreuung, in anderen gibt es einen großen freien Träger und dazu einen Schülerladen. Manche Läden gehen auch in die Arbeit am Vormittag rein, das bedeutet dann eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Schulen.
Die SPD-Jugendstadträtin aus Kreuzberg-Friedrichshain, Sigrid Klebba, hat gestern eine Kooperation zwischen Schülerläden und einer Kreuzberger Grundschule vorgestellt. Wie hat generell die Zusammenarbeit im Vorfeld in Friedrichshain-Kreuzberg geklappt?
Überhaupt nicht gut. Es gibt in Kreuzberg nur diese eine Kooperation, obwohl Kreuzberg der Bezirk mit den meisten Schülerläden und ganz vielen engagierten Eltern ist. Das heißt, die Kreuzberger Eltern haben nur an einer einzigen Schule die Möglichkeit, ihre Kinder künftig auch im Schülerladen betreuen zu lassen. In anderen Bezirken sieht es besser aus.
Woran liegt das?
Unserer Einschätzung nach an der Politik des Bezirksamts. Dort wurde von vornherein gesagt: Wir wollen keine kleinen freien Träger außerhalb der Schule. Diese Politik hat auch die Jugendstadträtin immer vertreten. Dass es doch zu dieser einen Kooperation gekommen ist, liegt an dem Engagement der anderen Beteiligten.
Was wird aus den 80 Prozent der Schülerläden, die keinen Kooperationsvertrag bekommen haben?
Ein Teil wird sich zu Kinderläden umstrukturieren können, viele werden aber in den nächsten Jahren schließen müssen.
Was heißt das für die Kinder in diesen Läden?
Die Kinder können dort weiterbetreut werden, dafür gibt es eine Bestandsgarantie. Die Frage ist aber, ob die Schülerläden sich überhaupt so lange halten können. Viele schaffen das noch ein Jahr, aber danach sieht es schlecht aus.
Für die Schülerläden ist die Verlagerung der Horte ein massives Problem. Wie ist aber darüber hinaus Ihre Meinung zu dieser Reform?
Vom Standpunkt der Schülerläden geht das natürlich in die falsche Richtung, weil die Wahlfreiheit der Eltern völlig außen vor bleibt und die gute, gewachsene Struktur, die Berlin hat, nicht genutzt wird.
SPD-Bildungssenator Klaus Böger verkauft die Verlagerung der Horte an die Grundschulen als einen Schritt in Richtung Ganztagsschule für alle. Ist das nicht die richtige Richtung?
Schon, aber das ist eine Illusion. Berlin hat einfach nicht das Geld für Ganztagsschulen für alle Kinder. Und deshalb stimmt dieses Argument nicht. Wir bekommen jetzt Schule plus Hort, und mehr nicht. Das hatten wir vorher auch schon. Veränderungen waren sinnvoll. Aber man hätte sie viel besser umsetzen können, als das jetzt geschehen ist. Mit den Schülerläden.INTERVIEW: SABINE AM ORDE