: Emanzipation wohlauf?
betr.: „Abendland wohlauf“ von J. Feddersen, taz zwei vom 6. 6. 05
„Nirgendwo unter Unions-Ägide ist eine CSD-Parade abgesagt worden“ – na super: Bereits die Abkehr von aktiver Unterdrückung und Beschimpfung genügen Jan Feddersen, eine „geistig-moralische Wende“ der CDU zu bejubeln. „Am Status quo des Lebenspartnerschaftsgesetzes werden wir nichts ändern“, sagt die CDU – und von mehr zu träumen als dem Status quo, fehlt dem Autor ohnehin jede Fantasie. Selten habe ich etwas Hoffnungsloseres gelesen. Für wen ein halbherziger Eheabklatsch die Krone aller emanzipatorischen Träume ist, tja, dem kann es wohl auch egal sein, ob künftig die Union regieren wird.
Wer Emanzipation mit Verbürgerlichung verwechselt, der mag sich nun mit Jan Feddersen in den Schlaf wiegen und sich höchstens noch vor jenen schrecklichen Schwulen grausen, die so furchtbar hartnäckig auf der Kritik und Veränderung gesellschaftlicher Geschlechtsrollen- und Beziehungsnormen beharren. Wer allerdings schwule Emanzipation nur im Zusammenhang mit gesamtgesellschaftlicher Entwicklung erhoffen mag (denn jene Normen betreffen alle!), dem sollte es nicht reichen, „keine Angst“ haben zu müssen.
Feddersens Dauerbotschaft: Nach der Homo-„Ehe“ gibt es nichts mehr zu tun, zu träumen, zu erwarten, zu erkämpfen. Und die Probleme der Homos hatten mit gesamtgesellschaftlichen Fragen ohnehin nie zu tun. VOLKER BEER, Marburg