: Prozess wegen Doppelmords im Wedding gestartet
JUSTIZ Staatsanwaltschaft wirft dem 25-jährigen Angeklagten Mord aufgrund gekränkter Ehre vor
Neun Monate nach den Todesschüssen auf Mutter und Schwester seiner geschiedenen Frau in Wedding sitzt seit Donnerstag der mutmaßliche Doppelmörder auf der Anklagebank. Der 25-jährige Türke hat sich zu Beginn des zweiten Prozessanlaufs vor dem Berliner Landgericht in Schweigen gehüllt. Er handelte aus „Rache, Hass, Eifersucht und wegen des Verlusts seines Aufenthaltsstatus“, verlas die Staatsanwältin das Motiv der Bluttat.
Der Anklage zufolge wollte der Aushilfskellner die Familie seiner früheren Frau auslöschen. Er habe den Angehörigen die Schuld an der von ihm nicht akzeptierte Scheidung gegeben. „Er hat geschossen wie bei einer Hinrichtung“, kommentierte Nebenklagevertreter Matthias Zieger die Tat. Der Angeklagte fühlte sich in seiner Ehre gekränkt und wollte die ganze Familie treffen, argumentierte der Opferanwalt am Rande des Prozesses.
Dem 25-Jährigen wird außerdem dreifacher Mordversuch vorgeworfen. Er soll am 4. August 2011 hinter einer Ecke vorgeschossen sein, als die Familie der Exfrau losfahren wollte. Deren 45-jährige Mutter und eine 22-jährige Schwester starben. Ein Bruder überlebte schwer verletzt. Ein künftiger Schwager und die Ex-Ehefrau erlitten einen schweren Schock.
Ein Augenzeuge erinnerte sich an das schreckliche Verbrechen in der Kolberger Straße im Ortsteil Gesundbrunnen: „Der Mann hat von der Fahrerseite geschossen, ging zur anderen Seite und hat auch da geschossen.“ Dann sei der Schütze weggerannt, berichtete der 36-jährige Küchenhelfer.
Der 25-jährige Angeklagte hat Tötungsabsichten bisher bestritten. In früheren Vernehmungen hatte er gesagt, er habe ins Lenkrad schießen wollen. Er habe die Familie am Wegfahren hindern wollen, um sie zur Rede zu stellen, schilderte Gerichtssprecher Robert Bäuml die Version des Angeklagten.
Der Familienvater, der Ehefrau und eine Tochter verloren hat und dem Angeklagten gegenübersaß, wünschte sich „Gefängnis für immer“ für den früheren Schwiegersohn. „Mein Herz ist wie Beton“, sagte der 51-Jährige, der eigenen Angaben nach bis heute an Schlafstörungen leidet. Seine seit Mai 2011 geschiedene Tochter kam nicht zum Prozess. (dpa)