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Archiv-Artikel

Charles Wilp wieder im Schaufenster

Von ELF

Er lief und lief und lief. „Vom Cola-Rausch zum All-Orgasmus“ – so umschrieb der Designer Charles Wilp (1934-2005) seinen Werdegang. Wie kaum ein anderer hat der Wahl-Düsseldorfer die Kunst- und Werbeszene nicht nur in Deutschland beeinflusst. Bis zum 8. Juli werden unter dem Motto „Kunst ist Werbung“ in Karstadt-Schaufenstern, in Buchhandlungen und im Filmmuseum der Landeshauptstadt Arbeiten von Wilp gezeigt. Ein „enfant terrible“ war er – mindestens. Ärger mit der in den 1960er Jahren noch muffig-strengen Zensur war an der Tagesordnung. 1969 zeigte er in seiner legendären Afri-Cola-Werbung („super-sexy-mini-flower-pop-op-cola“) den ersten nackten Busen in der deutschen Reklamewelt. 1973 folgte der erste nackte deutsche Werbemann. So ungewöhnlich wie die Ausstellungsorte war auch das Kunstverständnis des im Januar verstorbenen Wilp. „Kunst ist Unterschrift mit Datum“, so seine Definition, die an das Denken der auf Massenproduktion ausgerichteten Pop-Art-Künstler erinnert. Durchaus in seinem Sinne wäre dann wohl auch der Verkauf verschiedener Devotionalien bei Karstadt, von der schick designten Einkaufstüte für fünf Euro, über handsignierte Afri-Cola-Flaschen bis hin zu einer exklusiven Uhren-Kollektion, das Stück für über 1.000 Euro. Die Werbearbeiten sind aber nur das eine Gesicht des Künstlers. Mit Avantgardisten wie Klein, Beuys und Christo pflegte er regen Austausch. Erstmalig ist jetzt das gemeinsam mit Warhol geschaffene Werk „Beethoven ist böse“ an der Schadowstraße zu sehen. Den grimmig dreinblickende Komponisten sieht man hier gleich vierfach, rot und grün eingefärbt. Regelmäßig entschwanden seine Kreationen an Bord des Shuttles zur Raumstation MIR und kehren als Spaceart, vom Weltraum signiert, auf die Erde zurück. Einige seiner Arbeiten verweilen als „permanente Documenta“ im All. Wilp, der in Aachen Kunst und Psychologie studiert und in New York bei dem berühmten Surrealisten Man Ray das Fotografieren erlernt hatte, wäre eben gerne „unsterblich“ gewesen, sagt sein ehemaliger Mitarbeiter Hubertus Neuerburg. Wilps „unsterbliche Filmwerke“ sind in der „Black Box“, Kino des Düsseldorfer Filmmuseums, zu sehen. Neben den berühmten Werbespots stehen auch teils noch nicht gezeigte Streifen auf dem Programm. Etwa die „Imagefilme“, die Wilp als Politikberater in den 70er Jahren von der sozialliberalen Koalition unter Willy Brandt und Walter Scheel beriet, ein skurriler Film über Atomkraftwerke oder seine Künstlerfilme: Dokumentationen der Arbeit von Künstlern wie Beuys, Klein, Arman, Christo oder Fontana. ELF