: „Leider wollen viele nur die Party“
Die Organisatoren der Christopher Street Days (CSD) in Oldenburg und Bremen streiten um die Vormachtstellung in der Region. Es dreht sich um die Frage: Wie viel Politik muss sein? Für viele Lesben und Schwule zählt offenbar zuerst der Spaß
„Zehn Jahre sind eine gute Gelegenheit, zurückzuschauen auf das, was wir erreicht haben.“ Das sagt Meike Wengler, Sprecherin der Vereins Lesben- und Schwulentag (LuST) Nordwest. Sie organisiert mittlerweile zum elften Mal den Christopher Street Day in Oldenburg, der am 18. Juni unter dem Motto „Schwule und Lesben im Nordwesten“ stattfinden wird. „Wir haben viel erreicht, auch und gerade mit dem CSD“, sagt die Organisatorin. Zwar sei der CSD zunächst eine Parade, auf der viele Leute einfach Spaß hätten, doch die politische Aussage ist Meike Wengler ganz wichtig. „Der CSD ist immer ein Forum gewesen, dass sich für die Rechte Homosexueller einsetzt“, erklärt sie – und wendet sich damit explizit gegen den Bremer CSD, der am Samstag, 31. Juli auf dem Domshof steigt.
„Das ist eine kommerzielle Veranstaltung, die Organisatoren wollen nur Party machen“, sagt Meike Wengler. „So ist das nicht“, wehrt sich Markus Sieber, der den Bremer CSD in diesem Jahr zum zweiten Mal organisiert. Seine Veranstaltung sei eine Kombination von Party und Politik, Infostände seien aber eben teuer. „Von mir aus könnten es ruhig mehr sein“, sagt der 25-Jährige. Er setze sich auch für Gesundheitsaufklärung ein, politische Statements, wie der stärkere Kampf für Toleranz, lägen ihm ebenfalls am Herzen, beteuert er. Finanziert wird die Veranstaltung vor allem durch Sponsoren und die After-Show-Party, die am Abend steigt. „Die Parade kostet aber keinen Eintritt“, sagt Sieber. Der Franke kam mit seinem Ex-Freund auf die Idee, das Event in Bremen wiederzubeleben, da es hier seit Jahren keinen CSD mehr gab. „Die Veranstalter und verschiedenen Gruppen hatten sich nach dem ersten CSD 1995 in Bremen zerstritten, deswegen sind wir nach Oldenburg gegangen, wo der CSD seitdem stattfindet“, erklärt Meike Wengler. „Da war einfach Interesse in Bremen da, und das bedienen wir“, meint Sieber. Seinen CSD betrachtet er nicht als Konkurrenz, sondern als „Bereicherung“ der anderen Aktionen im Nordwesten. Jeder solle die Möglichkeit bekommen, am CSD teilzunehmen.
„Hier wird sich doch einfach des Labels CSD bedient, um eine nette Party zu feiern“, meint Meike Wengler. Sie verweist darauf, dass sich keine der Bremer Homosexuellen-Initiativen und Gruppen bei der Bremer Veranstaltung engagiert.
„Der Bremer CSD wirkt aufgesetzt“, sagt Reiner Neumann vom Vorstand des Rat und Tat Zentrums für Schwule und Lesben e.V. Er wird einen Stand des Vereins auf dem Oldenburger CSD organisieren, hier allgemein über schwul-lesbisches Leben informieren. Im vergangenen Jahr sei er von den Machern des Bremer CSD angesprochen worden, ob der Verein sich nicht auch an dem Event in der Hansestadt beteiligen wolle. „Da lag aber kein Konzept vor, und wir sollten auch noch was bezahlen“, erzählt Neumann, der nicht das „politisch-soziale Feigenblatt“ für einen „Partyspaß“ sein will. „Der CSD in Oldenburg ist von den Gruppen gemacht, der sie betrifft“, sagt Neumann.
„Bei uns muss kein Verein was zahlen, und wir freuen uns über jeden, der mitmacht“, hält Sieber dagegen. Lars Nolte vom Bremer Verein Stand up, ist auch nur beim Oldenburger CSD mit einem Wagen dabei. Das Straßenfest-Konzept in Bremen habe ihn nicht überzeugt. „Ich will den Bremern aber nicht ihr politisches Engagement absprechen“, sagt er und schließt ein künftiges Engagement nicht aus.
Selbst bei den TeilnehmerInnen des CSD Nordwest in Oldenburg gibt es allerdings eine zunehmende Tendenz, den Partyspaß in den Vordergrund zu rücken. Das gibt auch Organisatorin Meike Wengler zu. „Nicht alle haben Lust, sich immer politisch zu engagieren, vielleicht auch, weil es den Schwulen und Lesben im Nordwesten vergleichsweise gut geht. Leider wollen viele einfach nur die Party.“ Kay Müller