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Archiv-Artikel

Jeder gute Chef ist eigentlich ein Punk

BUCHTIPP Christoph Burger räumt mit Karrieremythen auf. Er zeigt, wie engagierte Menschen ihren eigenen Kopf bewahren und erfolgreich sein können, ohne sich dafür verbiegen zu müssen

„Wir schreiben das Jahr 1981. In einem autonomen Zentrum in einer besetzten Fabrik schreit ein Punk ‚Ich will nich!‘ ins Mikrofon.“ In der beschriebenen Szene, einem Konzert der Band Blitzkrieg, ist noch von kreischenden Gitarren und herumgeworfenem Dosenbier die Rede. Im Mittelpunkt steht der Sänger Bernd Kolb: als Beispiel dafür, dass man mit der richtigen Haltung ganz schön weit kommen kann. Der Ratgeber „Karriere ohne Schleimspur“ überrascht nicht nur in dieser Passage.

Karriereberater Christoph Burger (christophburger.de) schlägt in seinem Buch einen weiten Bogen. Zunächst konfrontiert er seine Leser mit ernüchternden Tatsachen der Karrieremechanik: dass Ehrgeiz, Leistung und Zielstrebigkeit Erfolg bringen – und Anpassung oft vonnöten ist. Doch schon im zweiten Schritt beleuchtet er die andere Seite: Individuen mit Persönlichkeit und eigenem Kopf sind die besseren Leistungsträger. „Engagement, Reisen und Langeweile“, so Burger, „sind die richtigen Zutaten für die Entwicklung künftiger Führungspersönlichkeiten.“ Anhand von Gehirnforschung, Fachkräftemangel und Globalisierung verdeutlicht der Autor, dass Leute mit Charakter mehr gefragt sind denn je.

Wer Karriere machen möchte, sollte also die eigenen Stärken und Schwächen kennen. Auch Familie oder andere private Interessen können eine wichtige Rolle neben dem Job spielen. Sich die eigenen Präferenzen vor Augen zu führen, ist eine wichtige Voraussetzung für eine gelungene Lebensplanung. Eine Reihe von Fragebögen und Übungen im Buch geben dafür die erste Orientierung.

Wer seine persönlichen Leitsterne zwischen den Leitplanken der Karrierewelt definiert hat, findet in Burgers Buch viele praktische Hinweise auf dem Weg zum Traumjob: zum Beispiel, dass es besser sein kann, arbeitslos zu sein statt den erstbesten Job anzunehmen, oder warum bei Unternehmen, die Stellen ausschreiben, Vorsicht geboten ist.

Der anfangs erwähnte Bernd Kolb gründete übrigens 1988 ein Unternehmen, stellte fünf Jahre später das erste werbliche Internetportal Deutschlands ins Netz, wurde sieben Jahre darauf Telekom-Vorstand und ging schließlich nach Marrakesch, wo er einen Club gründete, um die Welt zu retten.

LARS KLAASSEN

■ Christoph Burger: „Karriere ohne Schleimspur. Wie Sie Charakter zeigen und trotzdem Erfolg haben“. Linde Verlag, Wien 2012, 184 Seiten, 19,90 Euro