: Briefe, Briefe, Briefe
NOTIZBUCH Vita Sackville-West, Harold Nicolson
Wir alle sind die Autoren unser eigenen Liebesgeschichten. In besonderem Maße trifft diese Maxime allerdings auf Vita Sackville-West und Harold Nicolson zu. Die beiden (britische Oberschicht, leicht snobby, klug) heirateten 1913 jung, bekamen zwei Söhne, gestanden sich jeweils homosexuelle Affären und Liebesabenteuer zu (sie hatte zum Beispiel, berühmte Geschichte, mal was mit Virginia Woolf), lebten räumlich oft weit getrennt voneinander, da er als Diplomat jahrelang im Ausland war und sie sich nicht als typische Diplomatengattin sah, blieben aber bis zu ihrem Tod 1962 zusammen und schrieben sich Briefe, Briefe, Briefe. Eine schöne Auswahl ist jetzt bei Hoffmann und Campe erschienen.
Die Ehe als lebenslanger Dialog, mit Scharmützeln, Beschwichtigungen, Erklärungen, kleinen Szenen und Gedanken, die man dem anderem schnell mitteilen muss, damit er daran teilhaben kann, und noch und noch beschriebene Gefühle – hier zeigt sich ein Paar, das nicht auf Konventionen gegründet ist, sondern auf Binnenkommunikation, und das ist das so sehr Moderne daran. Es bringt Spaß, in diesen Briefen herumzulesen. Und lehrreich ist es auch. Zeigt es doch, das nichts ein Paar auseinanderkriegen kann – kein Klatsch, keine Weltkriege –, wenn es sich selbst nur einig ist. Darum geht es in diesen Briefen immer wieder: die Einigkeit immer neu herstellen. Und es hat Schönheit, mit wie viel Offenheit und Vertrauen sie das immer wieder hinkriegen. DRK
■ Vita Sackville-West, Harold Nicolson: „In der Ferne so nah. Briefwechsel einer ungewöhnlichen Liebe“. Herausgegeben und kommentiert von Barbara von Becker. Hoffmann und Campe, Hamburg 2012, 126 Seiten, 12 Euro