das wetter:
Proppen im Gang
Elena Drobski war passionierte Gangsitzerin. Sie liebte es, im Weg zu sein, und hatte das Gangsitzen zu einer eigenen sperrigen Kunstform erhoben. Selbst wenn in der Bahn alle Plätze frei waren, warf sich Elena zu Boden und freute sich auf die Kofferzieher, die an ihr vorbei wollten. Sie war aber auch ein wonniger Proppen, wie aus einem Stück geschnitzt. Über sie hinweg zu steigen, war schier unmöglich, sich um sie herum zu schlängeln, erst recht. Der Stau, der sich stets bildete, ließ Elenas Herz höher schlagen. Einmal, zwischen Kiel und Ulm, hatten Fahrgäste einen menschlichen Ponton gebildet und mit vereinten Kräften Koffer und sogar einen Rollstuhl über sie gehoben. Als „Brummi von der Bahn“, wie sie auch genannt wurde, hatte sie es zu einer kleinen Berühmtheit gebracht. Elena Drobski war der glückliche Stachel im Sitzfleisch der Menschen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen