Geehrt, aber tot

Munir starb im Flugzeug. Der Träger des Alternativen Nobelpreises wurde vergiftet. Zum Treffen der Preisträger kommt seine Witwe aus Indonesien

AUS SALZBURG JÖRG SCHALLENBERG

Am 6. September 2004 verabschiedet sich der indonesische Jurist Munir, Menschenrechtskämpfer und Träger des Alternativen Nobelpreises, von seiner Frau Suciwati. Er steigt in Jakarta in die Boeing 747, die ihn nach Amsterdam bringen soll. Als Munir am nächsten Tag dort eintrifft, ist er tot. Die Autopsie ergibt: Der 39-Jährige ist an einer Arsenvergiftung gestorben. Für die Amsterdamer Polizei steht fest: Munir wurde ermordet.

Wenn sich an diesem Wochenende die bisherigen Preisträger des „Right Livelihood Award“ in Salzburg treffen, werden sie das 25-jährige Bestehen des Alternativen Nobelpreises feiern. Und sie werden zweier Toter gedenken, die auch ihre renommierte Auszeichnung nicht schützen konnte: Ken Saro-Wiwas, des Preisträgers 1994, der 1995 von der Militärdiktatur in Nigeria hingerichtet wurde – und Munirs, des Preisträgers 2000.

An seiner Stelle ist seine Frau Suciwati nach Salzburg gereist. Und sie wird kaum Zweifel daran lassen, wen sie für den Tod ihres Mannes für verantwortlich hält. Denn Munir hatte sich bereits unter der Gewaltherrschaft von General Suharto für die Opfer des Regimes eingesetzt. Nach dem Sturz des Militärregimes 1998 brachte er Täter vor Gericht und später setzte er sich dafür ein, dass sich die bis heute übermächtigen Militärs frei gewählten Regierungen unterordnen.

Die Reaktionen auf so viel Zivilcourage ließen nicht auf sich warten. Suciwati zählt auf: 2001 erreicht Munirs Eltern eine Paketbombe, 2002 zertrümmert ein Schlägertrupp sein Büro, 2003 explodiert ein Paket vor der Haustür der Familie.

Die Verleihung des Alternativen Nobelpreises 2000 schien eine paradoxe Wirkung zu haben: Seine Prominenz rückte Munir zunehmend ins Visier seiner Gegner. Mit der Bedeutung der Geehrten wachsen offenbar auch die Widerstände, auf die sie treffen. Diese Gleichung hat kürzlich erst Jakob von Uexküll aufgestellt, Stifter der Auszeichnung. Er war „fassungslos, dass gerade einer unserer jüngsten Preisträger sterben musste“.

Auch nach dem Mord gehen die Drohungen weiter: Im November 2004 schicken Unbekannte Suciwati ein totes Huhn mit abgehacktem Kopf, Ende April 2005 warnen anonyme Briefe sie, sie werde entführt, wenn sie nicht aufhört, nach den für das Arsen-Attentat Verantwortlichen zu forschen. Suciwati beschuldigt gegenüber der taz staatliche Stellen, die Aufklärung des Mordes zu behindern: „Es gibt keinen Fortschritt, obwohl die Untersuchungen seit acht Monaten laufen.“ Sie wirft dem Präsidenten Indonesiens, Susilo Bambang Yudhoyono, vor, „nur halbherzig zu ermitteln“ und jene nicht zu bestrafen, die die Untersuchungen behindern. Insbesondere der Generalsekretär des indonesischen Inland-Geheimdienstes BIN, Nurhadi Jazuli, hat bisher jede Aussage verweigert. Ein Mitarbeiter der staatlichen Fluglinie Garuda ist dringend verdächtig, Munir im Flugzeug vergiftet zu haben.

Hier in Salzburg kann Suciwati mal durchatmen. Sie weiß besser als die meisten hier, wie wichtig der Alternative Nobelpreis ist. Und wie wenig er seine Preisträger manchmal schützt.