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ASSE In dem maroden Atommülllager befindet sich dreimal mehr Plutonium als jahrelang vom Betreiber angegeben. Es sei ein einfacher Übertragungsfehler gewesen

Die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad spricht von einem Manipulationsverdacht

VON JÜRGEN VOGES

Der frühere Betreiber des Atommülllagers Asse, das Helmholtz-Zentrum München, hat jahrelang die in dem ehemaligen Salzbergwerk lagernde Plutoniummenge viel zu niedrig angegeben. In einem Brief an das Bundesamt für Strahlenschutz gestand die dem Bundesforschungsministerium unterstehende Einrichtung einen angeblich auf einem Übertragungsfehler beruhenden Plutonium-Irrtum ein. Demnach lagern in der Asse 28 Kilo des hochgiftigen Stoffes – fast drei Mal mehr als zuletzt angegeben.

Nach Angaben der Asse-Gegner gab es lange öffentliche Auseinandersetzungen um die Plutoniummenge in den 126.000 Atommüllfässern in der Asse. „Das kann kein Übertragungsfehler sein; hier steht ein Manipulationsverdacht im Raum“, sagt Peter Dickel von der AG Schacht Konrad.

Dickel zufolge wurde die Menge des im Asse-Müll enthaltenen Plutoniums ursprünglich vom Betreiber mit rund 25 Kilogramm angegeben. 2002 erstellte das Helmholtz-Zentrum ein umfangreiches neues Gutachten zu den in der Asse lagernden Radionukliden. Demnach seien nur noch 9,6 Kilo Plutonium in den Atommüllfässern enthalten.

In dem Brief an das Bundesamt für Strahlenschutz kehrte das Helmholtz-Zentrum nun zu den alten Mengenangaben zurück: Die erneute Überprüfung hat ergeben, dass die ursprünglich veranschlagte Menge Plutonium von 28 Kilo doch zutreffend ist. Dem Schreiben zufolge hatte sich bei der Übertragung von Daten des Forschungszentrums Karlsruhe zur Gesellschaft für Strahlenforschung (GfS) ein Fehler eingeschlichen. GfS hieß das Helmholtz-Zentrum früher. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, es sei „unglaublich, dass man sich bei einem so gefährlichen Stoff wie Plutonium einfach in der Mengenangabe irrt“.

Ein einfacher Übertragungsfehler reicht als Erklärung nicht aus. Das 2002 vom Helmholtz-Zentrum erstellte Gutachten sollte das radioaktive Inventar für eine Flutung neu bestimmen. Die Menge an lange strahlendem und hochgiftigem Plutonium ist dabei nicht unwichtig. Die Flutung mit gesättigter Salzlauge hätte zwar das marode Bergwerk stabilisiert. Auf Dauer wäre aber radioaktiv kontaminierte Lauge nach außen gedrungen, eine radioaktive Verseuchung des Grundwassers der Umgebung droht.

Dass das radioaktive Inventar der Asse geschätzt werden muss, ist Folge der unzulänglichen Kontrollen bei der Einlagerung des Atommülls zwischen 1967 und 1978. Für bis 1971 eingelagerte Fässer gibt es nur Begleitpapiere je Lkw-Lieferung, nicht je Fass. Bis zum Ende der Lieferungen 1978 gibt es Begleitscheine für jedes Atommüllfass, ausgefüllt vom Absender. Vor dem Untersuchungsausschuss wurde ein ehemaliger Beamter befragt, der diese Scheine ausgewertet hat. Auch er bezifferte die Plutoniummenge in der Asse auf 25 Kilo.