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Wenn die Verwandtschaft für schlechte Laune sorgt

Ich sitze auf dem Bahnhof in Blankenberg und übe mich in Geduld! Mein großer Bruder, der immer – immer! – pünktlich ist, lässt auf sich warten!

Ein Gewitter grummelt. Zwei Meter weiter spielen Vater und Sohn am Fahrkartenautomaten Lesekönig. Die Scheiben meines Unterschlupfs bieten einen Panoramablick ins Freie. Eine weiße Stretchlimousine zieht vorüber.

Die klitschnassen Motorradfahrer, die hier ebenfalls Asyl fanden, wählen diese Trostlosigkeit ab und entscheiden sich für eine Weiterfahrt im Regen. Ich bekomme Mordgedanken auf die Verwandtschaft und habe mit meiner Miene wohl Vater und Sohn in die Flucht geschlagen. Die Superidee, jetzt nur noch nach dem Guten zu suchen, geht auch nicht auf … Denn das verstreute Hundefutter und ein bisschen Müll auf dem Boden meines Gefängnisses geben mir dafür zu wenig Anreize. Vielleicht kommt ja gleich die Stretchlimousine zurück und bringt mich zum Luftschloss nach Irgendwo!?

Blankenberg

Rund 350 Ein­woh­ner:innen.

Gemeinde im Amt Sternberger Seenlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Der Bahnhof ist Ausgangspunkt für viele Wanderrouten mit Seen­garantie.

Auf dem Bahnhofsvorplatz hupt es. „Alles okay?“, fragt mein Bruder. Damit hier niemand etwas Schlimmes befürchtet: Er hat meinen Anfall überlebt! Martha Otto

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