: Meuterei um die „Ernst Busch“
THEATER Hochschulstudent stört „Günther Jauch“. Talkgast Wowereit: Parlament ist Verhinderer
VON JULIANE SCHUMACHER
Jetzt weiß es die ganze Republik – zumindest der Teil, der am Sonntagabend vor dem Fernseher saß: Um die Schauspielschule „Ernst Busch“ gibt es Streit. Als Politiker – darunter der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) – in Günther Jauchs Schöneberger Gasometer-Studio über die Piratenpartei diskutierten, wurde es im Publikum laut. Als die Kamera hinschwenkte, sah man, wie Sicherheitskräfte einen jungen Mann aus dem Saal schleppten. Jauch ließ ihn zurückbringen, zwischenzeitlich kam das Gespräch auf den Berliner Kulturkonflikt.
Dem Störer ging es um den lange geplanten Neubau der Hochschule, der kürzlich vom Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses gestoppt wurde (taz berichtete). Kritik daran äußern neben Rektor Wolfgang Engler auch viele Schauspieler und Theatergrößen. Die Intendanten Frank Castorf, Ulrich Khuon, Armin Petras, Claus Peymann und Jürgen Schitthelm haben einen Brief an Wowereit und die Fraktionschefs von Rot-Schwarz geschrieben. Schauspieler Ulrich Matthes nannte den Rückzieher „eine absurde Posse“.
Auch Berliner Politiker sehen das so: Der Grünen-Abgeordnete Jochen Esser, der im Hauptausschuss sitzt, erkennt „keine politisch nachvollziehbaren Gründe“, warum die SPD, die sich jahrelang für den Neubau einsetzte, ihn auf einmal wegen geringfügig höherer Kosten ablehnt. In derselben Ausschusssitzung seien viel teurere Projekte durchgewunken worden. Essers einzige Erklärung: „Hier geht es um Machtkämpfe und die persönliche Stellung einzelner.“
Der Grüne spielt auf den aktuellen Konflikt in der SPD an: Seit der Kreisvorsitzende von Friedrichshain-Kreuzberg, Jan Stöß, angekündigt hat, im Juni für den Landesvorsitz zu kandidieren, erheben sich immer weitere Teile der Partei gegen Wowereit und seinen Vertrauten Michael Müller, den amtierenden Parteichef. Der Antrag für einen Stopp des Projekts kam aus der Fraktion – deren Vorsitzender Raed Saleh gilt als Vertrauter von Stöß und Gegenspieler Müllers. Wowereit wiederum betonte bei Jauch, der Neubau sei ihm ein „ernsthaftes Anliegen“, er könne aber nicht über das Parlament hinwegentscheiden. Offenbar meutert die SPD-Fraktion gegen den Senat.
„An einem Strang“
Der SPD-Abgeordnete Torsten Schneider, ebenfalls Mitglied des Hauptausschusses, sieht den Beschluss „in keinster Weise“ gegen den Senat gerichtet. „Im Gegenteil: Wir ziehen mit Wowereit an einem Strang.“ Die Ablehnung begründet er damit, dass das Projekt 32 Millionen kosten solle. Die Sparvorschläge der Schule – wie das Weglassen von Mensa und Cafeteria – seien nicht überzeugend gewesen. Der Senat habe nun Schneider zufolge den Auftrag, im nächsten halben Jahr noch mal alle Optionen zu prüfen und einen neuen Vorschlag zu machen. Schon am 14. Juni entscheidet freilich das Plenum über den Haushalt – und damit über den Ernst-Busch-Neubau.