Brandneue Schnapsidee

Der Osnabrücker Werbefachmann Claus Roeting möchte Schnaps in Tüten auf den Markt bringen, um den Stamperl-Transport zu vereinfachen. Gastronomen und Jugendschützer gehen auf die Barrikaden

von Klaus Irler

Eigentlich will Claus Roeting nur herausfinden, wie man „die Dinge besser machen kann“. Ganz schlicht, inspiriert vom Alltag. Vor vier Jahren beispielsweise speiste Roeting im Restaurant eine Gemüsesuppe. Als er den Suppenteller zum Auslöffeln neigte, wurde er angerempelt. Der Suppenrest ist ihm auf den Anzug geschwappt und Roeting dachte: Wäre alles nicht passiert, wenn er den Suppenteller gar nicht erst hätte anheben müssen. Also erfand der Osnabrücker Werbemann einen Teller, dessen Boden eine schiefe Ebene ist. Löffeln, ohne Anheben: Postwendend berichtete das DeutschlandRadio Berlin in seiner Wissenschaftssendung „Patentes“.

Auch die neue Idee des 37-Jährigen macht Wirbel, diesmal allerdings gibt‘s Ärger. „Ich war mit Freunden beim Skifahren und habe mich hingelegt mit einem Flachmann in der Tasche. Dabei habe ich mir drei Rippen gebrochen“, sagt Roeting. Seine Lösung für die Zukunft: Schnaps in verschweißten Plastiktütchen im Format eines Geldscheins. Hippes Design. Wahlweise gibt es Gin, Korn, Rum, Weinbrand etc. Das Produkt heißt „Aufreiszer“ und kostet 99 Cent.

Auf der Website zum Produkt gibt es Cocktailrezepte und Hinweise, wofür der „Aufreizer“ nicht gedacht ist: Nicht gedacht ist er dafür, Schnaps in Discos, Kneipen und Stadien zu schmuggeln, um dort die billige Cola selber anzureichern. Eine Liste der Einsatzmöglichkeiten, versehen mit dem Hinweis „nicht empfehlenswert“ unter der Überschrift „Sperrbezirk“. Und dann war da noch diese Hose, die die Osnabrücker Modemacher „YN2“ als Kleidungsstück zum Produkt designt haben: mit extra großen Taschen, genau passend zum Transport der „Aufreiszer“.

Der Osnabrücker Stadtjugendpfleger hat bereits Alarm geschlagen. „Die Hose“, sagt Roeting, „werden wir nicht vertreiben. Sie werden keine Firma finden, die diese Hose machen wird. Die macht das Image kaputt.“ Und was den Schnaps in Tüten betrifft: „Natürlich wird der eine oder andere das schmuggeln“, sagt Roeting. „Aber dafür haben wir es nicht gemacht.“

Gemacht habe er die „Aufreiszer“ beispielsweise für Flugzeuge: „Der Schnaps wiegt in den Tüten ein drittel von dem, was er im Glas wiegt.“ Oder für die Deutsche Bahn: „Da gibt es bisher keinen Wodka, keinen Gin, gar nichts, weil die keine Flaschen mitnehmen können.“ Oder für die Gastronomie: „Es wird viel betrogen beim Ausschenken. Mit den Tüten sieht der Profit anders aus bei den Diskos, weil sie den Verkauf genau nachvollziehen können.“

Die Wirte allerdings reagieren alles andere als wohlwollend. „Alle reden vom Schmuggeln“, sagt Roeting. Tatsächlich forderte ein Osnabrücker Wirt in der Neuen Osnabrücker Zeitung bereits das Verbot der Tüten. Und Rainer Balke, Geschäftsführer des Gaststättenverbandes in Niedersachsen, sagt zur taz: „Die Tütchen sind äußerst problematisch.“

Einerseits, „weil junge Leute aufgefordert werden, Alkohol zu konsumieren.“ Andererseits, weil das Geschäft der Wirte leiden könnte. Und drittens, so Balke, könne das Problem sein, dass Jugendliche den Schnaps nicht wie momentan häufig beobachtet vor der Disko konsumierten, sondern erst drinnen. „Wenn die auf dem Parkplatz davor trinken, kann der Gastronom immer noch sagen: ‚Ihr kommt nicht rein.‘ Wenn die aber drinnen trinken, würde der Gastronom vom Ordnungsamt dafür verantwortlich gemacht weil er nicht beweisen kann, dass der Schnaps nicht von ihm kommt.“

Trotzdem, sagt Balke, wird der Tütenschnaps keine „so gewaltige Bedeutung bekommen.“ 400.000 Tüten hat Werbemann Roeting abfüllen lassen und muss erstmal den Vertrieb organisieren. „Tankstellen und die Bahn“ möchte Roeting als erstes angehen. Und entdeckt spontan einen weiteren Vorzug: „Für das Finanzamt sind die Tüten auch besser als Flaschen. Weil die damit besser abrechnen können.“