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Archiv-Artikel

Hermann und die Detektive

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS Auf der Jagd nach den Killerkeimen kommen die beauftragten Politiker mit der Befragung von Staatsrat a. D. Hermann Schulte-Sasse unmerklich voran

„Für die SPD wurde deutlich, dass sich alle Kliniken in der schwierigen Situation befinden, Kosten reduzieren zu müssen“

VON JAN ZIER

Er ist einer, wenn nicht der Hauptverdächtige in diesem Verfahren. Jedenfalls aus Sicht der Opposition. Ex-Staatsrat Hermann Schulte-Sasse trüge, so hatte Links-Politikerin Claudia Bernhard Donnerstag erklärt, „in letzter Instanz“ für den „Hygiene-Skandal“ im Klinikum Bremen-Mitte „die Verantwortung“. Und mit ihm Ex-Senatorin Ingelore Rosenkötter (SPD). Weil: Der rot-grüne Senat habe rapiden Personalabbau in den Kliniken beschlossen – ohne sich um die damit verbundenen Risiken zu kümmern. Kein Personal, keine Zeit für Hygiene, so geht die Täter-Theorie.

Und was sagt Schulte-Sasse dazu? Der Beschuldigte grinst erst mal. So ein Blitzlichtgewitter wie jetzt im parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA), nein, das hat der 64-jährige Frühpensionär lange nicht mehr gehabt. An eigene Fehler kann er sich nicht erinnern, wohl aber an eigene Verdienste. „Ich war manchmal besser informiert als die Geschäftsführer“, sagt er. Und dass „politisches Personal nicht immer geeignet“ sei, auch professionelle Aufsicht über Kliniken zu führen. Sich selbst nimmt er freilich aus. Schließlich war er früher, vor mehr als 20 Jahren, selbst Oberarzt im Klinikum Bremen-Mitte (KBM).

Was die Ursache für den tödlichen Keimausbruch war, kann der PUA nicht klären, an dieser Frage scheitern bislang auch die Fachleute. Trotzdem spekuliert der Ausschuss darüber, wie es es dazu kommen konnte. Und ob die Fusion der neonatologischen Stationen in einer Klinik schuld war oder die Sparvorgaben zu ehrgeizig.

„Nein“, sagt erwartungsgemäß Zeuge Schulte-Sasse, der beides verantwortet hat. Wobei Bremen bei der Sanierung seiner Kliniken die „ehrgeizigen“ Ziele der Unternehmensberater noch übertroffen habe. Bremen habe im bundesweiten Vergleich und zu Zeiten der großen Koalition einen „erheblichen Personalmehrbestand“ aufgehäuft, sagt er immer wieder. Anderswo hätten die Personalkosten 64 Prozent des Klinikumsatzes ausgemacht, in Bremen zehn Prozentpunkte mehr, das waren über 900 Vollzeit-Stellen über dem Durchschnitt. Dass Bremen noch drei Neonatologien hatte, als Schulte-Sasse 2007 hier anfing, also genauso viel wie Berlin – darüber war er „bass erstaunt“. Und dort habe es „keine kritische Diskussion“ über das Konzept der Zentralisierung gegeben, sagt der Mann, der in Berlin Gesundheitsstaatsrat war, ehe er nach Bremen kam. Ob man auch über die Risiken eine Konzentration der Frühchen-Station geredet habe? „Nicht im Detail.“ Dass Bremen-Nord eine eigene haben soll, aus „lokalpatriotischen“ Gründen, vermag ihn nicht zu überzeugen. Im Grunde würde er die kommunalen Kliniken ganz verkaufen. Informationen über Hygienemängel haben Schulte-Sasse „nicht vorgelegen“, er habe sich das „nicht vorstellen“ können.

Damit toppte das Gremium noch die Ergebnisse vom Donnerstag, als der kaufmännische Geschäftsführer der Klinik-Holding Gesundheit Nord befragt wurde: „Für die SPD wurde deutlich, dass sich alle Kliniken Deutschlands in der schwierigen Situation befinden, Kosten reduzieren zu müssen“, verkündete Antje Grotheer (SPD), die Vorsitzende des Untersuchungsausschusses. Auch der ebenfalls befragte Betriebsratsvorsitzende des KBM Thomas Hollnagel hatte wenig Erhellendes zu sagen: Einen detaillierten Überblick über die personelle Besetzung von Stationen hat der Betriebsrat seit der Zentralisierung nicht mehr. Und eine zu geringe Peronalausstattung war vor der Krise im Oktober 2011 kein Thema.