Experimente mit Popcorn

„Gameboy ja, Physik nein!“ Diesen Trend will das Schülerlabor an der Ruhr-Universität Bochum aufhalten und lädt Schüler und Schülerinnen zu naturwissenschaftlichen Projekten ein. Sie sollen auf kluge Weise spielen und Spaß an Physik bekommen

VON RITA MARTENS

Wie die Macher von „Star Wars“ oder „Spider Man“ können Schüler und Schülerinnen im Alfried Krupp-Schülerlabor der Ruhr-Universität Bochum (RUB) arbeiten: Sie erzeugen einen eigenen Animationsfilm durch ein 3D-Computerprogramm. Der Weg dahin führt über die Mathematik. Hier erfahren Schülerinnen, was die Computerratte „Sniffy“ mit Psychologie zu tun hat. Sie erproben den Lernmechanismus Konditionierung an „Sniffy“, indem sie der virtuellen Ratte im PC beibringen, was sie tun muss, um Futter zu kriegen: zum Beispiel sich auf die Hinterpfoten stellen und mit den Vorderpfoten einen Hebel drücken. Wer sich eher für Molekularbiologie interessiert, kann Popcorn oder Tortilla-Chips auf genmanipulierten Mais untersuchen.

Es gibt viel zu entdecken im Schülerlabor in Bochum. In den Sommerferien können Schüler und Schülerinnen unabhängig von ihrer Schulklasse aus einem reichhaltigen Programm je nach Vorliebe wählen, an welchem Projekt sie einen Tag lang aktiv mitarbeiten wollen. „Die Schüler und Schülerinnen sollen sich in den Natur- und Ingenieurwissenschaften erkunden, in die Welt der Forschung hineinschnuppern und selber aktiv Erfahrungen machen“, erzählt der Koordinator des Schülerlabors, Stefan Benk.

Vor vier Jahren hatten Roland Fischer (Fakultät für Chemie) und Onur Güntürkün (Fakultät für Psychologie), Professoren der RUB, die Vision, einen Ort in der Universität für Schüler und Lehrer aus der Region zu schaffen, der Technik und Naturwissenschaften zusammenbringt. „Nicht in einem müffigen Eck büffeln müssen, sondern an einem herausgehobenen Ort in den Forscherkittel schlüpfen und auf kluge Weise spielen dürfen“ – so beschreibt Fischer das Motto des Schülerlabors.

Mit Hilfe der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ist diese Vision im Februar vergangenen Jahres Wirklichkeit geworden. Das auf 1.000 Quadratmeter ausgebaute Alfried Krupp-Schülerlabor, wird jährlich von über 6.000 SchülerInnen genutzt und bietet laufend rund 70 Projekte an, die an die Fachdidaktik der sechsten bis dreizehnten Schulklassen angeschlossen sind. In dieser Form ist das Schülerlabor bundesweit das einzige. So werden die unterschiedlich aufbereiteten Projekte an die Altersklassen von Unter- über Mittel- bis Oberstufe angepasst. Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter, studentische Hilfskräfte und verpflichtete Lehrer begleiten die SchülerInnen durch die Kurse in Biologie, Chemie, Neurowissenschaften, Mathematik, Physik, Informatik und Bauingenieurwesen und sollen Eigeninitiative unter den möglichen Nachwuchs-Wissenschaftlern fördern. „Wenn die Schüler motiviert zu einem Versuch kommen und man am Ende bei ihnen Begeisterung wecken konnte, ist unser Ziel erreicht“, beschreibt Stefan Benk.

Denn beliebt sind Naturwissenschaften unter Jugendlichen auch heute noch nicht. Nur fünf Prozent der OberstufenschülerInnen belegten Naturwissenschaften als Leistungskurse. Dementsprechend fehlen auch Studierende in diesen Fächern. Die Lösung für den Bedarf an qualifiziertem technischen Nachwuchs könnten nicht immer neue „Green Cards“ für ausländische Bewerber sein, so die RUB. Die Erfahrung mit Förderprogrammen zeige, dass den Schülern oft nur ein Schlüsselerlebnis fehle, um ihr Interesse an Naturwissenschaften zu beleben.

Das ganze Jahr über reisen Klassen mit Reisebussen aus NRW an, um am Schülerlabor in Bochum teilzunehmen. Lehrer müssen ihre Klassen für die jeweiligen Projekte anmelden. Sie können auch im Unterricht erarbeitete Projekte selbst vorschlagen und vor Ort durchführen. In den Sommerferien sind aber auch Einzelpersonen und Kleingruppen aufgefordert an den Projekten teilzunehmen. Noch sind für die SchülerInnen dabei keine Kosten entstanden. Die neun beteiligten Fakultäten tragen bislang die Kosten. Ob das auch nach den Sommerferien so bleibt, stehe noch nicht fest, so Benk. Aber auch mit einem geringen Kostenaufschlag werden SchülerInnen nach Bochum reisen, hofft er, denn „wenn ich die leuchtenden Augen der Kids während der Experimente sehe, hat sich alle Mühe gelohnt.“