gottschalk sagt
: Das Leben ist kein Pony-Hof

CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag

Irgendetwas an dem Stadtanzeiger-Artikel war mir ins Auge gesprungen, sonst hätte ich ihn nicht aufbewahrt. Ich las ihn nochmal: Ach ja, Bürgermeister Müller und seine Fraktion, die CDU, wollen soziale Gerechtigkeit. Vermutlich hatte ich den Artikel ausgeschnitten, weil ich ja auch für soziale Gerechtigkeit bin, und, mal alle Denkverbote durchbrechend, eine Wahl der CDU in Betracht ziehen wollte.

Herr Müller aber meint mit sozialer Gerechtigkeit, dass Arbeitslose „für das Geld, das ihnen der Staat zahlt, auch eine Leistung bringen“ sollen. Aggression im Unterton: Die Arbeitslosen behandeln den Staat total ungerecht. „Es wäre gut, wenn diese Personen etwas für die Allgemeinheit täten“, sagt Müller und beeilt sich damit zu drohen, dass im Weigerungsfalle die Leistung für „diese Personen“ um bis zu 60 Prozent gekürzt werden könnte. Vierzig Prozent von extrem wenig ist nach Adam Riese ziemlich knapp. Aber es geht schließlich um soziale Gerechtigkeit, und das Leben ist kein Pony-Hof.

Selbst Arbeiten wie Parks aufräumen könnte man nach Müllers Meinung als Qualifizierungsmaßnahme werten, weil „viele der Betroffenen ein soziales Außenseiterdasein führten und sich offenbar nur schwer in den normalen Tagesrhythmus einfügen könnten“. Qualifikation: Sechs Uhr aufstehen können. Ich hatte mir soziale Gerechtigkeit immer irgendwie anders vorgestellt. Aber der Weg dahin handelt auch davon, dass unter anderem Arbeitslose dem Staat zurück geben, was er verdient. Mit dem Effekt, da bin ich mir mit Herrn Müller ganz einig, dass „die Bürger deutlich sehen könnten, dass etwas geschieht“. Mit Rücksicht auf einen normalen Tagesrhythmus könnten die geeigneten Maßnahmen auch im Schutze der Nacht stattfinden.