: Endlich steht jemand auf
betr.: „Linksbündnis? Nur eine Sozialdemokratie mehr!“, Kommentar von Robert Misik, taz vom 11. 6. 05
Als „dunkelgrauer Sozialismus“ wird hier abgekanzelt, was viele Bürger dieses Landes (und nicht nur Gewerkschafter jenseits der 50) empfinden. Dunkelgrau oder nicht, das ist hier nicht das Entscheidende. Das nämlich ist: Endlich steht jemand auf, eine Bewegung als Partei formiert, die ihren Unmut artikuliert. Darauf kommt es an.
Welche Lösungen jenseits der gängigen neoliberalen Klischees möglich sind, sein werden, wird sich finden. Auch den WASG-Anhängern ist klar, dass die goldenen 70er-Jahre vorbei sind. Aber dass in Deutschland (und anderswo) ein massives Gerechtigkeits- bzw. Umverteilungsproblem in Bezug auf materielle Lebensbedingungen besteht, ist nicht zu bestreiten. Auch wenn Intellektuelle wie Herr Misik oder die Grünen (und leider auch weite Teile der SPD) das noch nicht gemerkt haben. STEFAN GÖLZ, Porta Westfalica
Ich kann nur sagen: Glückwunsch. So auf den Punkt gebracht, habe ich noch keine Analyse der deutschen „Linken“ gelesen.
HELMUT LUETJEN, Kew, Süd Afrika
„Vielfalt ist anderswo.“ Wo denn? FELIX BREUER, Berlin
Alles redet von Chancen für die Vereinigung in der Linken, jeder hat schon seinen kleinen Hoffnungsseufzer gelassen, dass sich überhaupt mal wieder eine linke Kraft formiert. Doch Herr Misik macht deutlich, wie tief gespalten die Linke immer noch ist! Verdammt, was bringt uns das, wenn wir in linken Zeitungen linke Parteien runterputzen, anstatt sie zu unterstützen?
Viele Leute engagieren sich für einen fortschrittlicheren und systemtransformierenden Weg, doch gerade weil die Linke so parteienskeptisch ist, findet sie keine Mehrheiten, weil eben all die Leute am Schreibtisch sitzen und schimpfen, dass sich nichts Neues durchsetzt. Die Welt wurde und wird von jenen verändert, die sich aufraffen und handeln, anstatt die kluge Kritik in sich reinzufressen. Deshalb müssen alle, die ihre „kritische Wut“ bisher in sich angestaut haben, diese ignoriert oder verdrängt haben, sich dort einbringen, wo mit Kritik und Argumenten etwas zu erreichen ist. In der Politik.
MATTHIAS WILD, Dresden
Von welchen kulturellen Freiheiten reden Sie? Von der Freiheit, sich mit den netten Mitarbeitern vom Arbeitsamt über alle Details seines Lebens unterhalten zu dürfen? Reden Sie etwa von der kulturellen Freiheit des sich Verkaufendürfens in der modernen Dienstleistungsgesellschaft? Oder reden Sie von den neuen Freiheiten für diejenigen, die sich die neuen Dienste in der freien Dienstleistungsgesellschaft leisten können?
Und ist der Fordismus wirklich gänzlich zu Grabe getragen? Selbst in Deutschland arbeiten nach verschiedenen Schätzungen noch mindesten 30 Prozent der Menschen „fordistisch“, selbst wenn sich diese Menschen Ihrer Wahrnehmung entziehen sollten. Vielleicht dauert es nicht mehr lange, dass diese Menschen Geschichte werden, doch ganz sicher würde ich mir an Ihrer Stelle nicht sein, dass das unmittelbar bevorsteht. Oder auf welche Arbeitsweise produzieren die deutschen Industriebetriebe, wie z. B. Daimler-Benz in Stuttgart?
Die letzte Frage, die ich Ihnen gerne stellen möchte, ist die Frage nach den kreativen Menschen. Wenn diese Menschen so kreativ sind, wo ist deren Partei? Ich stehe keiner Partei nahe, jedoch freut es mich, wenn ich sehe, dass es noch Menschen gibt, die sozial denken und sich organisieren, auch wenn es für Sie aus einer antiquierten Position heraus geschieht. Die Kreativen, von denen Sie vielleicht sprechen, sitzen u. U. bereits bei den etablierten Parteien und machen kurz vor den Wahlen kreative soziale Versprechungen, an die sie sich nach den Wahlen nicht erinnern.
GEORGIOS MARGARITIS, Wuppertal
Die Sehnsucht nach einer „formierten Gesellschaft“ wirft der Kommentator der neuen bundesdeutschen Linkspartei vor. Dieser Begriff sollte dem ehemaligen Wirtschaftsminister Ludwig Ehrhard unter Kanzler Adenauer vorbehalten bleiben, der als vormaliger NS-Funktionsträger diesen Begriff ins Spiel brachte. Eine zweite Sozialdemokratie? Die SPD ist weder sozial noch demokratisch. Wirtschaftsliberal ist sie auf Kosten der abhängig Beschäftigten und stalinistisch in der innerparteilichen Auseinandersetzung wie auch in ihrer Behandlung GERD BROGI, Köln