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das wird„Neues aus den Trümmern“

Das European Media Arts Festival in Osnabrück interessiert sich für zitternde, brechende und sonstwie andere Zeiten

Interview Wilfried Hippen

taz: Katrin Mundt, mit seinem Schwerpunkt „Trembling Time“ trifft Ihr Festival einen Nerv: Wir leben in krisenhaften, zittrigen Zeiten.

Katrin Mundt: Das stimmt! Ausgangspunkt für uns war allerdings die Frage, wie wir uns zum Thema „350 Jahre westfälischer Frieden“ verhalten sollten, das in diesem Jahr in Osnabrück und Münster groß gefeiert wird. Das war für uns der Auslöser um zu überlegen, ob es nicht andere Vorstellungen von Geschichte gibt, und ob wir Zeit nicht anders erleben.

Was meinen Sie damit?

Katrin Mundt

52, hat Slawistik und Anglistik studiert. Die Kuratorin und Autorin ist seit 2018 Ko-­Leiterin des European Media Arts Festival (EMAF).

Covid hat unsere individuelle Zeitrechnung durcheinander gebracht, oft können wir gar nicht mehr genau sagen, ob etwas vor zwei Monaten, zwei Jahren oder noch früher passiert ist. Und die diversen Kriege machen das Gleiche mit uns. Der Angriffskrieg in der Ukraine wurde sofort als „Zeitenwende“ beschrieben. Es ist natürlich ein Bruch in der Zeit, und zwar umso mehr für diejenigen, die tagtäglich in diesen Krisensituationen leben und traumatisiert sind.

Es geht also um die Zeit ebenso wie ums Zittern?

Ja, denn es kam auch noch die Frage dazu, ob es nicht möglich ist, selbst in die Zeit einzugreifen. Die zitternde Zeit ist bei uns ein ambivalentes Bild: Es stürzte etwas zusammen, aber wir können aus den Trümmern wieder etwas Neues bauen. Wir haben viele Filme im Programm, die Science-Fiction-Elemente benutzen, um Zeit anders zu erzählen. Da werden solche Fragen gestellt wie: „Wenn die Gegenwart so schrecklich ist, wie kann ich mir dann eine bessere Zukunft vorstellen?“

36. European Media Arts Festival: 19.–23. 4.; Ausstellung bis 29. 5., Kunsthalle Osnabrück. Alle Infos: www.emaf.de

Welche Art von Filmen zeigen Sie noch?

Unsere Kuratorin Rachael Rakes hat zum Beispiel Videos ausgewählt, in denen Tanz und Ekstase als alternative Erfahrungen eine große Rolle spielen: Da kann man sich in der Zeit verlieren, sein Ich aufgeben. Oder es geht um eine bewusste Verweigerung: In „I Forgot“ vergisst jemand Termine und was er als nächstes machen sollte, weil er nicht so funktionieren will, wie er soll. „Pure Land“ von dem nepalesischen Künstler Tenzin Phuntsog, der in den USA lebt, gehört zu einer Reihe von Arbeiten von Fil­me­ma­che­r*in­nen mit migrantischem Hintergrund, die ihre eigene Vorgeschichte nur aus Erzählungen und Bildern kennen. Sie versuchen, sich ihr Heimatland aus den Erinnerungen anderer anzueignen – weil die eigene Vergangenheit weggebrochen ist.

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