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Archiv-Artikel

Der Krieg der Worte noch nach siebzig Jahren

ERINNERUNG Am Jahrestag des Überfalls streiten Polen und Russland um historische Schuld

Von KLH

BERLIN taz | Zum 70. Jahrestag gedachten gestern Vertreter Polens, Deutschlands, Russlands und viele weitere Staaten auf der Westerplatte bei Gdańsk des Beginns des Überfalls der Deutschen auf Polen. In der Verurteilung des Krieges war man sich einig – nicht aber in der Frage, wer die Schuld für den Krieg trägt. Nicht nur Nazi-Deutschland besetzte im Jahre 1939 Polen. Am 17. September marschierten sowjetische Truppen gemäß dem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts in Ostpolen ein. Doch während Deutschland die eigene Schuld längst eingestanden hat, warteten die Polen auch gestern auf eine entsprechende Erklärung Russlands.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach in Gdańsk das „unermessliche Leid“ an, das Nazi-Deutschland über die Völker gebracht habe. Kein Land habe so lange unter der deutschen Besatzung gelitten wie Polen, sagte Merkel.

Russlands Präsident Wladimir Putin war bei seinem Besuch auf der Westerplatte um Entspannung mit Polen bemüht. Er lobte die polnisch-russische Waffenbrüderschaft bei der Niederschlagung Nazi-Deutschlands und sprach von „Problemen in der Geschichte“. Zeitgleich veröffentlichte in Moskau jedoch ein russischer Geheimdienst-General „Dokumente“, die den sowjetischen Angriff rechtfertigen. Sie sollen beweisen, dass Polen eine Mitschuld am Krieg trägt und Russland deshalb präventiv zuschlagen musste.

Polens Präsident Lech Kaczyński unterbreitete unterdessen seine eigene Version der Geschichte. Er verglich den Mord an etwa 15.000 polnischen Offizieren durch die Sowjets mit dem Holocaust an sechs Millionen Juden. KLH

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