brief des tages:
Feministische Politik?
„Feminismuscheck im Auswärtigen Amt“, taz vom 28. 2. 23
„In jeder Gesellschaft werden Männer gegenüber Frauen bevorzugt.“ (Yuval Noah Harari). Ich wünsche mir mehr Gleichberechtigung und bin der Überzeugung, dass dies auch den Männern zugutekommen würde. Auch Männer benötigen eine Emanzipation – von Rollenbildern und von Statusorientierung. Meine Kritik an der „feministischen Außenpolitik“ von Annalena Baerbock: Sie reproduziert latent die traditionelle Überheblichkeit des Westens, der die ganze Welt von oben herab betrachtet: „Im Westen gibt es Gleichberechtigung, Partizipation und Nachhaltigkeit, deshalb müssen wir den anderen Ländern ‚helfen‘, ihren ‚Entwicklungsrückstand‘ zu überwinden.“ Die „Helfer“ sind aber selbst nicht immer ganz unschuldig an der „Unterentwicklung“ der anderen gewesen. Eine „feministische Außenpolitik“ benötigt deshalb eine Kritik an hegemonialen Verhältnissen und ihrer Geschichte. Feministisch sollte zunächst die Innenpolitik sein – und Feminismus bedeutet eben nicht nur mehr Frauen an der Spitze, sondern weniger Spitzen. Es geht darum, die Gesellschaft als Zusammenleben in der Vielfalt anders zu denken.
Davide Brocchi, Köln
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