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Archiv-Artikel

Sechs Neuigkeiten für die Kindertagesstätten

Durch die Gesetzesnovelle sollen Kitas nicht nur Betreuungs-, sondern vor allem Bildungseinrichtungen werden. Der Betreuungsbedarf wird neu berechnet. Eltern erhalten Gutscheine. Ein Überblick über die wichtigsten Veränderungen

Bildungsauftrag: Die Kindertagesstätten sind künftig nicht mehr nur für die Erziehung und Betreuung von Kindern zuständig, sondern auch für ihre Bildung. Die Kita soll dabei, so heißt es in dem neuen Gesetz, „allen Kindern gleiche Bildungschancen bieten“ – unabhängig von Geschlecht, ethnischer oder sozialer Herkunft. Ausdrücklich erwähnt wird auch die Förderung beim Erwerb der deutschen Sprache. Damit hat der Berliner Gesetzgeber auf die Erkenntnisse aus der Pisa- und anderen vergleichbaren Bildungsstudien reagiert: Diese haben gezeigt, dass die Bildung deutscher Kinder zu spät beginnt und sich die hiesigen Kitas zu sehr auf Betreuung beschränken.

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Bedarfsprüfung: Eigentlich wollte Bildungssenator Klaus Böger (SPD) mit Unterstützung der rot-roten Fraktionen die Kriterien drastisch verschärfen, nach denen der Bedarf auf einen Kitaplatz geprüft und berechnet wird. Das passt zwar nicht zum Bildungsauftrag der Kindertagesstätten, hätte aber einen Spareffekt erzielt. Nach massiven Protesten haben SPD und PDS diesen Passus noch einmal überarbeitet. Doch für die Eltern mit unregelmäßigen Arbeitszeiten bleibt es bei einer Verschlechterung: Während bislang der längste Arbeitstag als Grundlage für die Berechnung des Bedarfs genommen wird, soll es künftig für diese Eltern nur noch einen Halbtagsplatz am Vormittag geben. Dieser kann um weitere Stunden ergänzt werden. Ein Zusatz allerdings lässt Elfi Jantzen, Kitaexpertin der Grünen, darüber hinaus skeptisch werden: Weitere Details, so heißt es im Gesetz, werden durch eine Rechtsverordnung geregelt. „So können die ganzen Verschlechterungen doch noch kommen“, befürchtet Jantzen.

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Eigenbetriebe: An zwei wichtigen Punkten verändert das neue Gesetz die Struktur der Kindertagesstätten. Zum einen werden die städtischen Einrichtungen in „bis zu sechs Eigenbetrieben“ zusammengefasst, an denen sich alle Bezirke beteiligen müssen. Bezirke wie Steglitz-Zehlendorf, die dies nicht tun wollen, werde der Senat anweisen, hat Bildungssenator Klaus Böger (SPD) bereits gedroht. Insgesamt sollen, so die Pläne des Senats, nach einer weiteren Übertragung an freie Träger rund 29.000 Kita-Plätze in öffentlicher Trägerschaft bleiben. Das ist ein Drittel aller Plätze.

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Hortverlagerung: Die zweite wichtige Strukturveränderung betrifft die Horte, in denen die Grundschulkinder betreut werden. Sie gehen zum neuen Schuljahr im August in die Verantwortung der Schulen über. Betroffen sind rund 33.000 Plätze vor allem im Westteil der Stadt, was an den dortigen Grundschulen derzeit für viel Aufregung sorgt. Diese Umstrukturierung bedeutet das Aus für die meisten Schülerläden. Roland Kern vom Dachverband der Berliner Kinder- und Schülerläden (DaKs) geht davon aus, dass mittelfristig nur ein Fünftel der derzeit 450 Läden überleben wird.

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Gebühren: Ab dem kommenden Schuljahr werden die Grundschulen ihre Kinder künftig bis 13.30 Uhr versorgen müssen – im Fachjargon Einführung der verlässlichen Halbtagsgrundschule genannt. Daher wird erst die Betreuung nach 13.30 Uhr kostenpflichtig. Viele Eltern müssen deshalb weniger Gebühren zahlen. Außerdem können sie zwischen mehreren Betreuungsmodulen wählen: Von 6 bis 7.30 Uhr, von 13.30 bis 16 und 16 bis 18 Uhr. Der Bedarf muss – wie auch für jeden Kitaplatz – beim jeweiligen Bezirk beantragt werden. Der vergibt bei einem positiven Bescheid einen Kita-Gutschein, die so genannte Kita-Card. Die können die Eltern dann bei einem öffentlichen oder einem freien Träger einlösen.

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Gesundheitsuntersuchung: Das neue Gesetz führt für alle Dreieinhalb- bis Vierjährigen eine neue Gesundheitsuntersuchung ein. Dabei sollen die Kinder auf Auffälligkeiten in Motorik und Sprachentwicklung, Seh- und Hörstörungen untersucht werden, auch der Impfstatus wird überprüft. Den Check soll der öffentliche Gesundheitsdienst in den Kitas durchführen. Damit sollen Entwicklungsstörungen früher erkannt und behandelt werden. SABINE AM ORDE