Jetzt neu: Autos superbillig und schmutzig
Ab heute gibt es den Renault Dacia Logan für unschlagbare 7.200 Euro im Handel. Doch Umweltexperten raten ab
BERLIN taz ■ Auf den ersten Blick wirkt er geradezu sympathisch: ein bisschen eckig und kantig und vollkommen unspektakulär. Dafür robust und praktisch. Kein Statussymbol, sondern ein Fahrzeug, das seine Insassen von A nach B bringt. Genauso schnörkellos bringt die Renault-Tochter Dacia heute auch ihr neues Modell Logan auf den deutschen Markt: mit ein paar Plakaten und einer dünnen Broschüre. Ein Bekanntheitsproblem dürfte das Modell trotzdem kaum haben, als Billigauto ist es längst im Gespräch: Gerade mal 7.200 Euro soll die allergünstigste Version kosten. Fabrikneu.
Dafür bekommen die Käufer einen Mittelklassewagen mit 1,4-Liter-Motor, 75 PS und viel Platz im Innen- wie im Kofferraum (510 Liter) – aber ohne Schnickschnack wie Fensterheber, Zentralverriegelung, Servolenkung oder Klimaanlage. Ein solides Angebot für weniger gut Betuchte also? Beim ADAC bejaht man das sofort: Der Logan sei „ein vollwertiges Auto der unteren Mittelklasse“ und „sein Geld wert“. Umweltexperten sehen das anders. „Auf unserer Umweltliste würde er mindestens in die Kategorie ‚bedenklich‘ fallen“, sagte der Sprecher vom Verkehrsclub Deutschland (VCD), Daniel Kluge, der taz. „Wahrscheinlicher hieße das Urteil sogar: ‚abzulehnen‘.“ Die Gründe: Obwohl das Billigauto mit knapp über einer Tonne fast ein Drittel leichter ist als etwa der VW Golf, die spritfressende Klimaanlage und elektronische Spielereien fehlen, verbraucht es 6,8 Liter auf 100 Kilometer. „Das ist schon erstaunlich“, meint Kluge. Der hohe Verbrauch ist teuer und er belastet das Klima: Pro Kilometer dürfte der Kohlendioxidausstoß rund 162 Gramm betragen – damit liegt der Logan 35 Prozent über den 120 Gramm, die der VCD für ein einigermaßen unbedenkliches Auto fordert.
Noch erstaunlicher: Der Logan erreicht gerade mal die Schadstoffnorm Euro 3 – ab dem 1. Januar 2006 aber dürfen nur noch Kraftfahrzeuge neu zugelassen werden, die die schärfere Euro-4-Norm erfüllen. „So kann der Logan im Prinzip nur dieses Jahr verkauft werden“, sagt Kluge. Renault verspricht, „noch in diesem Jahr“ Abhilfe zu schaffen – Schnellkäufern nützt das nichts.
Lärmwerte veröffentlicht der Hersteller erst gar nicht. Tester schreiben in Automobilzeitschriften von einer „Strapaze für die Ohren“: Es sei „nicht zu überhören, dass im Logan nur wenig Dämmmaterial steckt“.
Auf den ursprünglich anvisierten Märkten spielt Öko eher eine untergeordnete Rolle: Konzipiert wurde der Logan für schlechte Straßen in Osteuropa und wachstumsstarken Schwellenländern. Das Auto musste technisch einwandfrei sein, leicht zu warten – und eben billig. „Wir haben uns vom Prinzip leiten lassen, dass das Auto 5.000 Euro kosten soll“, sagt Jean-Marie Hurtiger, Leiter des Gesamtprojekts. Die Komponenten kommen aus Rumänien, montiert wird er derzeit dort und in Russland. Aber bald auch in Marokko, Kolumbien, dem Iran und Indien, vermutlich zu Preisen wie in Rumänien: Dort bekommen die Arbeiter umgerechnet etwa 3 Euro die Stunde.
„Westeuropa ist ein Zusatzgeschäft“, sagt Stefanie Obenhaupt, die das Projekt bei Renault Deutschland leitet. Entsprechend vorsichtig sind die hierzulande anvisierten Verkaufszahlen: In Deutschland sollen dieses Jahr bis zu 6.000 Autos verkauft werden. Allerdings basteln die Franzosen für den verfeinerten westlichen Bedarf an weiteren, auch teureren Versionen. Eine 1,6-Liter-Variante mit 90 PS soll ebenfalls schon ab heute zu kaufen sein, eine 107 PS starke im nächsten Jahr folgen, ebenso wie ein sparsamerer Dieseldirekteinspritzer. Kluge reicht das nicht: „Für das Geld gibt es auch gute Gebrauchte von der VCD-Umweltliste“, sagt er, „oder Bahn-Jahrestickets plus Car-Sharing.“
BEATE WILLMS